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100 Millionen. 110 Millionen. 120 Millionen. Wer bietet mehr? Im hoch verschuldeten Ball-Basar Bundesliga kommen die »Besten« aus dem Westen. In der aktuellen Tabelle Finanz-Bilanz, das ist die mit den tiefroten Zahlen, werden sie ganz vorn geführt, die Schwarz-Gelben und die Königsblauen.

Dortmunder Druck
Doch die Fans, sie rennen ihren Vereinen weiter die Bude ein. Das Dortmunder Westfalen-Stadion füllen an diesem Samstag beim Duell gegen den FSV Mainz 05 garantiert wieder mehr als 70 000 Zuschauer. Und die Schalker Arena dürfte einen Tag später gegen Hannover 96 sehr wahrscheinlich mit 61 524 Besuchern erneut restlos ausverkauft sein.
Treue Anhänger und eine treulose Chefetage - wie bei Borussia Dortmund. Auf ihre Fans können sie sich weiter verlassen, obwohl sie ihnen übel mitspielten. Dortmund im Februar 2005: verraten und verkauft, verschachert und verpfändet. Vom Vereinslogo über das Stadion bis zu den Transferrechten der Spieler, alles wurde zu schnellem Geld gemacht. Und das ist längst schon wieder weg.
Die Lage des Traditionsvereins bleibt weiter hochgradig angespannt. Es droht der Lizenzentzug. Aber trotzdem noch lange nicht der Liebesentzug der betrogenen Dortmunder Ball-Gemeinde. Denn als ihre Mannschaft in München mit 0:5 unterging, hielten sie tapfer ein Transparent hoch: »Und wenn du fällst bin ich bei Dir.«
Schalker Schulden
Wie gut für den Nachbarn FC Schalke 04, dass der alte Revier-Rivale Borussia Dortmund so schlecht dasteht. Denn deshalb fiel lange Zeit gar richtig nicht auf, wie sie auch in der ehemaligen Stadt der tausend Feuer mit dem Feuer spielten. Die dicke 85 Millionen-Euro-Anleihe aus den USA, die für die nächsten 23 Jahre verpfändeten Zuschauer-Einnahmen an diesen großzügigen Geldgeber, das war auch eine äußerst gewagte Finanz-Transaktion.
Dazu kommen die Spieler-Verpflichtungen. Erst Ailton, Bordon und Mladen Krstajic, demnächst Fabian Ernst. Leute, die zwar zum Teil keine Ablöse kosteten, aber mit Sicherheit Gehälter der Luxusklasse in die Tasche stecken. Dortmund lässt grüßen. Das ist der gleiche, sündhaft teuere Personal-Poker, der nur dann aufgehen kann, wenn die Elf Jahr für Jahr die Champions League erreicht.
Als die Schalker jetzt Verbindlichkeiten von immerhin 110 Millionen Euro bekannt geben mussten, reagierten sie wie die Borussen-Bosse nach den ersten Enthüllungen: mit Dementis und Verharmlosungen einer ernsten Situation.
Bochumer Blick
Nebenan, ein paar Häuser weiter, beobachten die Verantwortlichen des VfL Bochum die Dortmunder und Schalker Ent- und Verwicklungen kommentarlos. Aber sehr wahrscheinlich doch mit etwas Schadenfreude.
Das haben die nun davon. Schulden. Probleme. Ja, sogar Existenz-Ängste. In Bochum wurde und wird schon immer anders gearbeitet. Solide, seriös, sicher. Klar, wichtige Stützen wie Frank Fahrenhorst, Paul Freier und Vahid Hashemian hätten sie im Sommer 2004 auch gern gehalten. Nur nicht um jeden Preis.
Das kleine, bescheidene Bochum und seine gernegroßen Nachbarn. Völlig verschiedene Fußball-Welten im »Wilden Westen«. Wobei, leider, wieder einmal der Ehrliche der Dumme sein könnte. Dem VfL, im Mai 2004 noch vor Schalke und dem BVB, droht 2005 der Abstieg.
Klaus Lükewille

Artikel vom 26.02.2005