01.02.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Philip Lansdale erzählt »Der Sturm« mit den Mitteln des Tanzes neu.

Über Macht und
Magie des Lesens

Shakespeares Drama als Tanzstück

Bielefeld (uj). »Der Sturm« ist William Shakespeares letztes Drama, das zugleich als seine künstlerische Selbstbiografie gilt. Bielefelds Ballett-Chef Philip Lansdale erzählt das Werk mit den Mitteln des Tanzes neu. Ähnlich wie in Peter Greenaways Film »Prospero's Books« steht dabei die Macht und Magie des Lesens und der Bücher im Zentrum der Inszenierung.

Prospero ist so sehr mit dem Studium seiner Bücher beschäftigt, dass es für Antonio und Alonso ein leichtes wird, ihn zu entmachten. Lediglich ausgestattet mit seinen Büchern und seinem Wissen, setzen sie ihn samt seiner Tochter Miranda auf dem Meer aus. Prospero strandet auf einer Insel, deren Bewohner er sich durch die Macht der Magie untertan macht. Als Jahre später der Hofstaat an der Insel vorbeisegelt, löst Prospero einen Sturm aus und überantwortet seine Gegner dem Wahnsinn. Doch ihre Hilflosigkeit stimmt Prospero milde. Er verzichtet auf seine Rache und kehrt mit seiner Tochter in die Menschenwelt zurück.
Was Lansdale bewog, das Werk als Tanzstück auf die Bühne zu bringen, ist seine Zeitlosigkeit. »Es geht um menschliche Empfindungen, die bis heute gleich sind. Auch die Beziehungen der Personen sind interessant«, sagt Lansdale, der die Handlung in eine moderne Bibliothek verlegt hat, aus der Prospero allerdings von zwei machthungrigen Frauen vertrieben wird. »Warum sollen Frauen nicht machtgierig sein? Es gibt sie ja schließlich auch«, rechtfertigt Lansdale die geschlechtliche Umbesetzung.
Zum Tanz - einer Mischung aus klassischem Ballett und modernem Ausdruckstanz - gesellen sich schauspielerische und komische Elemente, so dass die Handlung auch ohne Kenntnisse der Dramenvorlage gut zu verfolgen sei, verspricht Lansdale.
Dem Zauberreich und der Welt der Magie, der Bücher und des Denkens wird die minimalistische Musik von Michael Nyman zugeordnet, der auch zu »Prospero's Books« die Filmmusik schrieb. Allerdings erklingt nicht die Filmmusik, sondern drei Solokonzerte des Komponisten. Die Erinnerung Prosperos an die Hofgesellschaf hingegen wird mit den barocken Klängen aus Vivaldis »Vier Jahreszeiten« beschworen. Damit dient Vivalidis Musik zugleich als musikalische Klammer für den Beginn und das Ende des zweistündigen Ballettabends.
Mit Rücksicht auf die Gegebenheiten des Theaterlabors schuf Friedrike Hölscher als Kulisse eine Bibliothek.
Die Premiere findet am Donnerstag, 3. Februar, 20 Uhr, im Theaterlabor statt. Karten sind an der Theaterkasse am Niederwall und unter der Telefonnummer 51 54 54 erhältlich.

Artikel vom 01.02.2005