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In Bezirksliga unterfordert

Badminton-DM: BC Ajax Bielefeld freut sich über drei Wildcards

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). In der griechischen Mythologie wurde der BC Ajax Bielefeld fündig, als es im Frühjahr 2003 darum ging, einen geeigneten Namen für die neue Badminton-Schmiede zu kreieren. Ajax, Sohn des Telamon, galt als einer tapfersten Griechen im Trojanischen Krieg. »Das hatte für uns schon etwas Symbolisches«, spricht Robert Panasiewicz, 1. Vorsitzender und Vereinstrainer, von »schwierigen Startbedingungen. Wir haben ums Überleben gekämpft. Um Hallenzeiten«.

Zwar seien die aus Gütersloh nach Bielefeld umgesiedelten Ajax-Leute allseits freundlich aufgenommen worden; eine »richtige« Bleibe war ihnen freilich nicht vergönnt. Panasiewicz: »Wir mussten dorthin, wo es freie Kapazitäten gab, und sind total zerstreut«. Der Verein schlägt von der Senne bis zur Seidensticker Halle auf.
Die 23 Gründungsmitglieder, enttäuschte »Splitterpartei« vom einstigen Regionalligisten TuS Friedrichsdorf, haben sich inzwischen verdoppelt. Der 1. BC Ajax Bielefeld nimmt mit zwei Senioren-, zwei Minimannschaften und einem Jugendteam am Spielbetrieb teil, und zwar überaus erfolgreich. Die »Erste« mit Kira Weddemar (22), Jacqueline Mazurek (18), Falko Bittner (19), Jan Hendrik Blomeyer (18), Savas Kurt (24), Alexander Scholz (22) und Lino Meyer (19) führt die Bezirksliga, Staffel 1, mit 16:0 Punkten und erst sechs abgegebenen Sätzen (58:6) souverän an. Die Reserve ist in der Kreisliga, Staffel 3, die Nummer eins. Ebenso die Jugend (Normalklasse J 35).
Der BC Ajax Bielefeld verfüge über ein »starkes Potenzial«, freut sich Panasiewicz. Jan Blomeyer, Jacqueline Mazurek und Kira Weddemar haben eine Wildcard für die am Donnerstag beginnenden deutschen Meisterschaften in der Seidensticker Halle erhalten. »Eine sehr große Ehre und Anerkennung für die Spieler. Sie sind total heiß, auch wenn ihre Chancen auf eine Überraschung gleich null sind«. Die DM sieht er auch für seinen Klub als willkommene Gelegenheit, sich »zu zeigen, damit das hiesige Umfeld uns mal wahrnimmt. Viele wundern sich immer noch. Ajax? Wer ist das?«
Das ostwestfälische Oberzentrum ist seit vielen Jahren beliebter Austragungsort der deutschen Badminton-Titelkämpfe, beileibe aber keine Hochburg. Bielefeld ist in diesem Sport immer noch Dia-spora. »Das ist schade, wird aber lange so bleiben«, meint Panasiewicz. Kontraproduktiv sei zum einen die Größe der Stadt, die entsprechend viele Angebote in allen Bereichen parat hätte. Zudem fehle es an Leuten aus der Badmintonszene mit guten Beziehungen zur Wirtschaft. Drittens würde es im näheren Umkreis kaum leistungsorientiert arbeitende Vereine geben. »Es gibt keine strukturierte Talentsichtung. Vieles ist dem Zufall überlassen«, spricht der gebürtige Pole von »reiner Beschäftigungsarbeit«.
Das ist beim BC Ajax Bielefeld anders - dank Panasiewicz. Aus seiner Laufbahn als Spieler ragt ein Erfolg heraus, als er mit seiner Mannschaft Polonez Warschau polnischer Meister wurde. Auf dem Zenit seiner Karriere als Aktiver zog er einen Schlussstrich, um sich dem Trainergeschäft zu widmen. Gleich in seinem ersten Jahr als Polonez-Coach glückte ihm die Titelverteidigung.
Der A-Lizenz-Trainer ist in der OWL-Szene eine bedeutende Größe. Nicht nur in Friedrichsdorf oder in seinem Wohnort Steinhagen hat Panasiewicz Aufbauarbeit geleistet; neben seinem Ajax-Engagement leitet Robert Panasiewicz heute auch regelmäßig Badminton-Übungseinheiten beim TSV Altenhagen, TuS 08 Senne I, TuS Eintracht und SV Brackwede.
Mit dem BC Ajax ist ein frischer Wind in Bielefelds stagnierende Badminton-Landschaft eingekehrt; entsprechend ist der Zulauf. »Wir sind eine junge Truppe, mit der man viel vorhaben kann«, schmunzelt Panasiewicz. Die erste Mannschaft ist in der Bezirksliga unterfordert und »höher einzuordnen. In der Oberliga würde sie sich halten«, glaubt der Trainer. Talenten wie Blomeyer, Mazurek etc. gehöre die Zukunft. Das größte Potenzial macht er bei Savas Kurt aus. Der Neue vom TuS Eintracht ist mit 24 Jahren der »Senior«.
Doch nicht nur der Leistungs-, auch der Breitensport liegt Robert Panasiewicz am Herzen. »Ohne eine breite Basis brauchen wir über große Entwicklungen in der Spitze gar nicht erst zu sprechen«.
Aus dem BC Ajax Bielefeld soll »ein guter Verein« werden, wünscht sich der Vordenker. »Dazu werden wir all unsere spielerischen und organisatorischen Fähigkeiten in die Waagschale werfen«. Die Anfänge sind viel versprechend. Starts bei westdeutschen Meisterschaften (Mazurek, Blomeyer, Knoop) oder beim deutschen Ranglistenturnier (Blomeyer), Trainingslager in der Slowakei, internationale Turniere, Fahrradtouren, Badminton-Nights - der Verein »lebt«! Die gemeinsame Fahrt nach Eindhoven zu den Badminton-Weltmeisterschaften tat ein übriges, das Ajax-Häuflein zuammenzuschweißen.
Auch bei den deutschen Titelkämpfen wird der BC Ajax Bielefeld für Stimmung sorgen. »Natürlich gucken unsere Leute jeden Tag zu. Auch mit den Eltern werde ich sprechen. Je mehr Zuschauer, desto besser. So ein Turnier ist eine tolle Möglichkeit, sich noch mehr mit unserem Sport zu identifizieren«. Dem deutschen Badminton bescheinigt der Pole »große Entwicklungschancen« sowie ein »großes Spieler- und Trainingspotenzial«. Dies und das könne zwar noch besser organisiert werden - wie bei anderen Sportarten auch sei ein Umdenken auf Funktionärsebene erforderlich - gleichwohl taxiert er Deutschland aktuell als »Nummer zwei in Europa. Bei der Jugend auf jeden Fall«.
www.bc-ajax-bielefeld.de

Artikel vom 31.01.2005