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Amtsgerichts-Direktor Hans-Jürgen Donath: »Die Jacke wird viel enger.«

Amtsgericht
vor weiterem
Personalabbau

Eildienst lief in 2004 ohne Probleme

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Das Amtsgericht Bielefeld steht auch in den kommenden Jahren vor kaum überschaubaren Personalproblemen. Zählte das Gericht 2004 noch 302 Beschäftigte, so ist ein weiterer Stellenabbau unvermeidlich, erklärte am Donnerstag Amtsgerichts-Direktor Hans-Jürgen Donath.

Dieses Problem ist nicht auf Bielefeld beschränkt. Insgesamt sollen landesweit fast 2 800 Arbeitsplätze der Justiz eingespart werden. Betroffen davon sind vornehmlich Beschäftigte ab dem Prüfungsjahr 1996, die seinerzeit schon keine Beschäftigungsgarantie mehr erhielten. So wurden lediglich Zeitverträge abgeschlossen, die nach und nach nicht mehr verlängert werden.
Donath indes skizzierte gestern auch die »Kehrseite der Medaille«: Der Personalabbau sei besonders im Büro- und Kanzleidienst spürbar. Umsetzungen seien auch aufgrund unterschiedlicher EDV-Software schwierig. Und überhaupt: »Wir merken, dass die Jacke sehr viel enger wird«, sagte der Direktor des Amtsgerichts. Das habe zur Folge, dass »Sachen nicht zeitnah bearbeitet werden können«.
Von den 302 Beschäftigten im vergangenen Jahr waren weit mehr als die Hälfte (178) Frauen; 43 Richter sorgen für die Rechtsprechung, 18 Justizwachtmeister vornehmlich für Sicherheit, Ordnung und Dienstgänge im Gebäude; 18 Gerichtsvollzieher bearbeiteten 2004 insgesamt 37 360 Vollstreckungsaufträge und trieben damit 6,8 Millionen Euro ein.
Sehr gut eingespielt hat sich das Prinzip des richterlichen Eildienstes. Das Amtsgericht Bielefeld versieht den Dienst für den kompletten Bezirk des Landgerichtes zentral mit fünf Richtern, die von 6 Uhr morgens bis 21 Uhr abends ständig erreichbar sein müssen. Mit ihnen arbeiten jeweils fünf Justizwachtmeister und fünf Protokollbeamte. Zuständig wird der Eildienst in Fällen sofortiger Haftbefehle (auch gegenüber Ausländern und in Abschiebehaftsachen), bei Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen oder bei Einweisungen nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz. Das Bundesverfassungsgericht hatte diesen Dienst im Mai 2002 angeordnet, da die Polizei in solchen Fällen nicht allein und eigenmächtig agieren dürfe. Donath: »Wir arbeiten mit der Polizei ausgesprochen kooperativ zusammen.«
Immens abgenommen haben dagegen sogenannte »Beschleunigte Verfahren« gegen reisende ausländische Täter, die vornehmlich Eigentumsdelikte begehen. Die Zahl sackte von 36 im Jahr 2002 auf nur noch 13 Verfahren im vergangenen Jahr ab. Möglich sei die Erledigung sowieso nur mit geständigen Tätern. Obendrein seien die Hemmnisse des Rechtsstaats viel zu groß (nur wenige Stunden nach der Tat komplette Akten und Beweismittel zu beschaffen, Dolmetscher u.ä.), um die Strafe auch sofort auf dem Fuß folgen zu lassen.

Artikel vom 28.01.2005