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Drängler und Raser im Visier

Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags - Rechtsfahrgebot mehr überwachen

Goslar (dpa). Notorischen Linksfahrern und Schleichern auf den Autobahnen soll es künftig ebenso wie Dränglern an den Kragen gehen. Die Polizei solle verstärkt kontrollieren und dabei auch das Rechtsfahrgebot mehr als bisher überwachen, empfahl der Deutsche Verkehrsgerichtstag am Freitag in Goslar.

In einer Resolution heißt es, nur durch mehr Kontrollen sei dem zunehmenden »rowdyhaften« Verkehrsverhalten entgegen zu wirken. »Es muss das Gefühl einer starken Polizeipräsenz da sein«, sagte der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Prof. Friedrich Dencker.
Schärfere Strafen lehnten die Experten dagegen ab. Die bestehenden Gesetze reichten aus. Auffällig gewordene Kraftfahrer sollen aber häufiger an Schulungen und Untersuchungen teilnehmen, bei denen es um die Themen Toleranz und Aggressivität geht.
Generalbundesanwalt Kay Nehm als Präsident der Deutschen Verkehrsakademie hatte am Vortag vor den 1500 Teilnehmern kritisiert: »Verkehrsregeln werden nicht als notwendiges kodifiziertes Toleranzgebot, sondern als Beschränkung der individuellen Freiheit verstanden.« In Deutschland gebe es verbreitet die Bereitschaft zu kontrollierten Tempoverstößen bis zu der Grenze, ab der man den Führerschein abgeben muss.
Verkehrssünder anzuhalten soll nach der Empfehlung des Verkehrsgerichtstages der Polizei vorbehalten bleiben. Pläne, nach denen auch die Kommunen dazu berechtigt sein sollen, lehnten die Fachleute ab. Daneben sollen Herstellung und Vertrieb von Geräten, die vor Radarfallen warnen oder sie stören, verboten werden. Bisher ist lediglich die Benutzung solcher Apparate untersagt.
Wenn es nach den Experten geht, müssen Fahrzeughalter demnächst auch dann die Verwaltungskosten tragen, wenn ein anderer mit ihrem Auto zu schnell fährt. Die bisher schon bei Parkverstößen geltende Halterhaftung soll auf geringfügige Tempoüberschreitungen ausgeweitet werden, die noch in den Verwarngeldbereich fallen. Auf eine weitergehende Empfehlung konnte das Gremium sich nicht einigen.
Unabhängig davon, ob jemand für das Autofahren geeignet ist oder nicht, soll das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten bestehen bleiben. Ärzte dürften jedenfalls nicht verpflichtet werden, den Behörden fahruntüchtige Patienten zu melden. Allerdings müssten die Mediziner die Betroffenen über mögliche Fahreignungsmängel aufklären und sie nachdrücklich auf daraus resultierende Gefahren für sich selbst und andere hinweisen.
Als Problem sehen die Experten den so genannten Führerschein-Tourismus. Diese illegale Praxis müsse dringend eingedämmt werden. Bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis sei europaweit das Wohnortprinzip einzuhalten. Die Fachleute verlangten zugleich höhere Anforderungen an die geistige und körperliche Tauglichkeit der Führerscheininhaber. Regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen für Auto- und Motorradfahrer ohne bestimmten Anlass lehnten sie dagegen ebenso ab wie die Einführung von Mikrochips auf Führerscheinen.
Die Gewerkschaft der Polizei hat die Innenminister in Bund und Ländern aufgefordert, den Appell des Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar ernst zu nehmen und für dichtere Kontrollen im Straßenverkehr zu sorgen.

Artikel vom 29.01.2005