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Schau zum NS-Verbrecher Stroop

Studenten informieren über den Liquidator des Warschauer Ghettos


Bielefeld (WB/mzh). Was war der SS-Mann Jürgen Stroop - ein gedankenloser Befehlsempfänger oder ein fanatischer Überzeugungstäter? Diese abschließende Frage sollen - jeder für sich -Ê die Besucher beantworten, die beim Rundgang durch die Stroop-Ausstellung Informationen über den Liquidator des Warschauer Ghettos gesammelt haben.
25 Studenten unter der Leitung des Historikers Hans-Walter Schmuhl haben die höchst aufschlussreichen Schautafeln im Kleinen Saal der Volkshochschule (Ravensberger Park) inhaltlich gestaltet. Sie bilden jetzt eine wertvolle Ergänzung zur ebendort zu sehenden Ausstellung »Oneg Schabbat« über den Aufstand im Warschauer Ghetto, die weit über Bielefeld hinaus Besucher anzieht. »Bis jetzt haben wir 30 Terminanfragen zu Führungen - von Steinheim über Brakel bis Beckum«, berichtet Heinz Deppermann vom Verein zur Aufarbeitung der Geschichte der Wehrmacht.
Jürgen Stroop, geboren 1895 in Detmold, erlebte als Junge die Macht, die sein Vater als uniformierter Polizist über die als »Abschaum« verachteten Obdachlosen hatte. Als kompromissloser »Saalschützer« im lippischen Landtagswahlkampf (Januar 1933) fiel er den NS-Bonzen auf, wurde Leiter der »Schutzpolizei« und machte schließlich Karriere in der SS.
Im April/Mai 1943 erhielt Stroop die Order, den Aufstand im Warschauer Ghetto niederzuschlagen, interpretierte den Befehl aber als Aufforderung zur systematischen Vernichtung der verzweifelten Juden. Sein Vorgehen dokumentierte er im berüchtigten »Stroop-Bericht«, der sowohl dienstliches Protokoll wie auch Rechenschaftsbericht für die Nachwelt sein soll.
Stroop wurde von den Amerikanern zum Tode verurteilt, aber an Polen ausgeliefert. Dort erhielt er ebenfalls das Todesstrafe; sie wurde 1952 vollstreckt. Im Gnadengesuch erklärte Stroop, er könne sich nicht vorstellen, jemals eine strafwürdige Tat begangen zu haben.
»Wir haben Stroops Verhalten kontrovers diskutiert«, sagen Historiker Schmuhl und der Geschichtsstudent Henning Kampherbeek. Mit viel Idealismus, außerhalb der Vorlesungszeit, trugen die Wissenschaftler zum Teil selten gezeigtes Material zusammen.
l Am heutigen Holocaust-Gedenktag spricht Jürgen Hensel vom Jüdischen Historischen Institut Warschau über Stroops Vernichtungsaktion im Ghetto. Er hat die Gerichtsakten ausgewertet, die westlichen Forschern lange verschlossen blieben. Das Eintritt zur Veranstaltung um 19.30 Uhr im VHS-Vortragssaal ist kostenfrei.

Artikel vom 27.01.2005