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Kripo lässt Opfer unter
Hypnose befragen

Nach versuchtem Mord nutzt Polizei jetzt jede Chance

Von Christian Althoff
Herzebrock (WB). Auf der Suche nach drei Einbrechern, die ein Ehepaar erschlagen wollten, hat die Mordkommission Bielefeld jetzt eines der Opfer unter Hypnose befragen lassen. »Leider hat uns das nicht weitergebracht, aber wir wollten nichts unversucht lassen«, sagte Kriminalhauptkommissar Ralf Östermann gestern.
Ralf Östermann: »Wir wollten alles versuchen.«

In Herzebrock-Clarholz (Kreis Gütersloh) waren im September drei osteuropäisch sprechende Männer in das Haus von Ewald S. (63) und seiner Lebensgefährtin Brigitte B. (53) eingedrungen. Der Rentner war durch Geräusche aufgewacht und hatte gesehen, wie die Einbrecher die Scheibe zum Wohnzimmer einschlugen. »Dann stürmten sie ins Haus und prügelten sofort mit einer Eisenstange auf mich ein.« Als Brigitte B. kurz darauf aus dem Schlafzimmer kam, wurde sie ebenfalls mit einer Eisenstange niedergeschlagen. Sie erlitt einen Schädelbasisbruch, ihrem Lebensgefährten hatten die Einbrecher den Schädel, den Kiefer, das Jochbein und den linken Arm gebrochen. Die Opfer stellten sich tot und überlebten, ádie Einbrecher durchsuchten das Haus und flohen ohne Beute.
Ralf Östermann, Leiter der Mordkommission: »Die Frau hat die Angreifer nur einen Sekundenbruchteil zu Gesicht bekommen. Sie konnte keinen der Täter beschreiben, aber wir hofften, dass sie sich in ihrem Unterbewusstsein doch etwas gemerkt hatte.« Brigitte B. wurde deshalb mit ihrem Einverständnis von einem Psychologen in dessen Bad Salzufler Praxis in Hypnose versetzt. Östermann: »Wir haben die Sitzung auf Video aufgezeichnet, aber es hat sich kein neuer Ermittlungsansatz ergeben.«
Diplom-Psychologe Dr. Tomas Svoboda aus Steinheim (Kreis Höxter), Vorsitzender der Bundesstelle für traditionelle Heilpsychose: »Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Zeugenbefragung unter Hypnose nur in zehn bis 20 Prozent der Fälle erfolgreich ist.« In diesen Fällen seien die Ergebnisse allerdings verblüffend: »Zeugen konnten sich an Autokennzeichen erinnern oder an Gespräche, die Täter untereinander geführt hatten.« Er selbst habe einmal eine Frau hypnotisiert, die plötzlich das Gesicht des Täters vor sich gesehen habe und es einem Polizeizeichner beschreiben konnte.
Die Mordkommission Bielefeld hat das ungewöhliche Verfahren nicht zum ersten Mal ausprobiert. Im Fall der ermordeten Anhalterin Sandra Zimmermann aus Salzuflen hatte die Kripo Mitte der 90er Jahre eine Autofahrerin unter Hypnose befragen lassen, die möglicherweise gesehen hatte, dass die junge Frau in einen Mercedes gestiegen war. Doch auch in diesem Fall war der Versuch fehlgeschlagen. Das Verbrechen an der Kindergartenpraktikantin ist bis heute ungeklärt.

Artikel vom 27.01.2005