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Unter der Sonne Afrikas

Reise mit der Westfalenauswahl für Philipp Rössler eine Schule fürs Leben

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Dieses Bild aus den Townships von Soveto hat sich nachhaltig in sein Gedächtnis eingebrannt. »Die Kinder hatten Mülltüten zusammengebunden und spielten damit fröhlich Fußball«, sagt Philipp Rössler, Innenverteidiger des A-Junioren-Bundesligisten DSC Arminia, mit einem Ausdruck von Rührung, Betroffenheit und Bewunderung. Auch zwei Monate nach dem eindrucksvollen Trip mit der U 19-Westfalenauswahl ins südliche Afrika ist die Begegnung mit der Armut bei ihm lebendig.

Die besondere Aufgabe der Reise unter der Schirmherrschaft des Auswärtigen Amtes bestand darin, mit Hilfe der Popularität des Fußballs die dortige Jugend auf die HIV/Aids-Problematik hinzuweisen und für eine offene Behandlung dieses sensiblen Themas zu gewinnen. Der Sport bildete wohl den Mittelpunkt für die 25-köpfige Delegation aus Westfalen, zu der mit Kay Bastian Göttsch ein weiterer Armine gehörte, war aber nicht alles. Gerade der Besuch in Johannisburg mit der Besichtigung der Wohnstätten von Nelson Mandela und Desmond Tutu war eine Schule fürs Leben. »Es geht uns hier richtig gut. Ich nehme seither Kleinigkeiten viel bewusster wahr und kann mich an ihnen erfreuen«, beteuert Rössler.
Neben Elefanten und Giraffen: Ob die Safari im Krüger-Nationalpark, der Einkaufsbummel in Windhoek, die Unterbringung in der Universität von Pretoria, die Polizei-Eskorte (mit Blaulicht) zum Länderspiel im Kanyamazane-Stadion von Nelspruit - bei 40 Grad Hitze gab's vor 8000 Zuschauern einen 1:0-Erfolg gegen die U 20 Namibias - oder Botschaftsempfänge: Philipp Rössler bezeichnet diese aufregenden zwei Wochen als bisherigen Höhepunkt seines Fußballerdaseins.
Sein jetziger Trainer Ivan Pacheco war es, der Rössler 1996 bei den Sportfreunden Sennestadt »entdeckte« und den D-Jugendlichen zum DSC Arminia lotste. Seither kreuzten sich ihre Wege immer wieder. Pacheco wertschätzt den 18-Jährigen als »Spieler, auf den man sich hundertprozentig verlassen kann. Er wirkt zwar etwas phlegmatisch, hat sich aber Jahr für Jahr durchgesetzt und einen Stammplatz erkämpft. Das zeugt von seiner hohen Qualität«. Aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit habe sich »mehr als ein normales Trainer-Spieler-Verhältnis« entwickelt, räumt Pacheo ein. »Ich bin eine Art Freund geworden - und sein größter Kritiker«.
Seine langen dunken Haare pflegt Philipp Rössler in einem modischen Zopf zu bändigen, wenn er auf dem Feld abräumt. Der »lockere Typ« (Rössler über Rössler) achtet darauf, dass »der Spaß« bei seiner weiteren Orientierung »nach oben« niemals auf der Strecke bleibt. Und genau so unaufgeregt geht er seine nächste Herausforderung - sich einen Stammplatz bei den DSC-Amateuren zu erkämpfen und womöglich gar Uwe Rapolder zu beeindrucken - auch an. »Mit Glück klappt's«. Auf diesem Weg sei etwas weniger zur Schau gestellte Sachlichkeit manchmal aber mehr, empfiehlt Mentor Pacheco. »Philipp verfolgt seine Vorhaben zielstrebig, ohne dass das bei ihm in Stress ausartet. Er strahlt in bestimmten Situationen zu viel Ruhe aus und sollte manchmal mehr aus sich herauskommen«, lautet der Tipp an seinen ebenso ausgeglichenen wie sensiblen Schützling.
Der DSC-Innenverteidiger weiß um seine Schwächen. »Ich muss mein Kopfballspiel verbessern und schneller im Antritt werden«. Hingegen sind sein Stellungsspiel und kompromissloses Zweikampfverhalten in der Liga berüchtigt. Wie technisch versiert der Verteidiger ist, demonstrierte er am Wochenende beim A-Jugend-Masters des TBV Lemgo. »Die Halle ist meine Welt. Ich bin ein Allrounder«, grinst der Zwölftklässler freundlich. Philipp Rössler besucht die Gesamtschule Rosenhöhe. Sport und Schule auf der einen, Freizeit mit Freundin Zeliha (»Sie zeigt volles Verständnis und unterstützt mich«) auf der anderen Seite - mehr lässt Philipp Rösslers Tag nicht zu. Der Almbube nimmt's, wie es ist, und strahlt eine Zufriedenheit mit sich und der Welt aus. Ganz so, wie es ihn unter Afrikas Sonne erleuchtet hat.

Artikel vom 27.01.2005