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Ein beinahe ganz normaler
Arbeitstag für Felix Brych

Schiedsrichter in Bielefeld bester Mann auf dem Platz

Von Hans Peter Tipp (Text)
und Stefan Hörttrich (Foto)
Bielefeld (WB). Es war das Thema Nummer 1 -Êauch am Samstag in Bielefeld. Der Schiedsrichterskandal und seine Folgen. Wie würde sich der Unparteiische in der SchücoArena aus der Affäre ziehen? Mehr oder weniger pfeifen, oder zumindest anders? Felix Brych tat nichts von alledem. Er leitete die Partie zwischen Arminia Bielefeld und Hannover 96 wie jedes andere Spiel auch. Ohne Fehler, ohne überzogene Gesten, einfach gut.

»Natürlich war die Situation noch schwieriger als sonst. Aber wir haben uns darauf eingestellt und entsprechend das Spiel geleitet«, sagt der 29 Jahre alte und 1.95 m große Unparteiische des SV Am Hart München, nachdem er von einem hoch zufriedenen DFB-Schiedsrichterbeobachter noch vor der Kabine begrüßt worden war, ausgiebig geduscht hatte und schließlich die Zeit fand, auf einen (fast) normalen Arbeitstag zurückzublicken.
Nur wenige Tage vor dem Spiel war Brych vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) kurzfristig im vorsorglichen »Ringtausch« zur SchücoArena umgeleitet worden. Eigentlich hatte er in Freiburg pfeifen sollen. In Bielefeld betritt Brych, Jurist von Beruf, ganz entschlossen um 15.27 Uhr die Arena als Erster - vor seinen Assistenten und den Spielern.
Stadionsprecher Stefan Schüler hat zuvor den Boden für ein freundliches Willkommen bereits geebnet. Der sonst häufig sinnlos kraftvoll drauflos sprudelnde Einpeitscher wirbt in erstaunlich ruhigen Worten um fair play gegenüber den Schiedsrichtern.
Ein Transparent, auf das nur vordergründig witzig »Felix, wir wissen, dass du Oddset spielst« gesprüht worden war, ist da schon nicht mehr zu sehen.
Nach dem Anpfiff läuft von der ersten Minute an alles normal. Nach 60 Sekunden der erste Pfiff: Eine kleine Hakelei an Matthias Langkamp ahndet der Referee so, wie es sein muss: mit einem Freistoß für Bielefeld. Alles bleibt im grünen Bereich, auch als Arminia-Trainer Uwe Rapolder eine Einwurfentscheidung anders sieht und dieses deutlich macht. »Die Regeln sind doch gleich geblieben«, kommentiert Brych später.
Nur die Fans im Hannover-Block machen im tranparent-freien Bielefelder Stadion Anspielungen. As Jiri Staijner einen Freistoß verursacht, kommentieren sie deutlich vernehmbar in Richtung Schiedsrichter: »Oddset-Spieler, Oddset-Spieler.« Das wird später noch ein Mal aufgegriffen, aber spätestens mit dem ersten -Ê und aus Bielefelder Sicht leider einzigen -ÊTreffer der Partie gerät der Referee endgültig zur Randfigur.
Dennoch wird deutlich, dass auch die Spieler sich dieses Mal um einen freundlichen Umgang bemühen. Das will niemand anschließend bestätigen, aber es wird weniger geschauspielert, gemosert und diskutiert. Aber das kann jedoch auch an einem weitgehend ereignislosen Spiel liegen. Fatmir Vata, sonst häufig in hitzige Debatten verwickelt, bemüht sich, die einzige hitzige Auseinandersetzung sofort zu schlichten. Als Rüdiger Kauf am Boden liegt, sorgt Vata für Ruhe und beruhigt die Hannoveraner Altin Lala und Julian de Guzman.
»Ich habe heute gar keine große Veränderung wahrgenommen. Es war wie immer«, schildert Brych seinen Eindruck eines Spieles, in dem er bei allen Entscheidungen richtig liegt und zum besten Mann auf dem Platz wird. Er ist nach dem Abpfiff kein Thema mehr. Über den Skandal wird beim Verlassen der Arena dagegen munter weiter diskutiert.

Artikel vom 31.01.2005