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»Ich habe alles richtig gemacht«

Arminia ist sein Zuhause - Fatmir Vata widerstand allen Verlockungen

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Fatmir Vatas Deutschland-Bild hat sich verschoben. »Ich habe immer gesagt: In diesem Land wird so ein Skandal niemals passieren.« Organisation, ein ausgeprägtes Rechtsempfinden und sogar Ehrlichkeit - alles das hat der Albaner in Diensten des Bundesligisten Arminia Bielefeld eng mit Deutschland verbunden. Seit Schiedsrichter Robert Hoyzer jedoch zugegeben hat, Fußballspiele manipuliert zu haben, muss Vata umdenken.
Was Fatmir Vata fast genau so gern macht, wie Fußball spielen? Über Fußball reden. Und der kleine Kevin hört schon ganz genau zu.

Seine Betroffenheit über den zweitgrößten Skandal in der nationalen Fußballgeschichte verbirgt Vata nicht. Im Gegenteil. Offen sagt er: »Was passiert ist, tut mir für Deutschland sehr, sehr leid.« Worin liegt Vatas positives Deutschland-Bild begründet? »Ich habe eine ganze Menge gesehen und erlebt während meiner Karriere. Ich fühle, dass in Deutschland die Menschen, die Fans, die ins Stadion gehen, hinter mir stehen. Ich war in Mannheim der Publikumsliebling, ich bin es in Bielefeld. Das macht mich stolz. Das Publikum mag mich, und ich brauche das Publikum für mein Spiel.«
Berührungsängste kennt Fatmir Vata nicht, Starallüren erst recht nicht. Als er am Donnerstag seinen Sohn Enzo (6) von der Grundschule abholte, ließen ihn die Mitschüler nicht eher gehen, bis Papa Vata ihrer Bitte um ein kleines Fußballspiel nachgegeben hatte. »Im Schnee haben wir gespielt mit acht Jungs. So wie ich jetzt aussehe«, sagt Vata und zeigt runter auf seine Ausgehschuhe. Er staunt über sich selbst: »Unglaublich«, findet er und lacht dabei.
Vata, der Fußballbesessene. »Ich wollte gerade meine Sachen fürs Training zusammenpacken, da hat meine Frau mir gesagt: Fatmir, heute ist Donnerstag, heute ist kein Training. Verdammt, habe ich gedacht, ich wäre so gerne gegangen.« Lindita sorgt für Ordnung im Leben ihres Mannes. Und nicht nur das: »Wenn ich nach Spielen wie gegen Rostock, in dem ich einen hundertprozentigen Elfmeter nicht gekriegt habe, den Kopf noch so richtig voll habe, komme ich zu Hause auf andere Gedanken. Meine Frau, die Kinder -Êdas ist eine andere Welt«, sagt Vata.
Fehlentscheidungen der Schiedsrichter ändern nichts daran, dass er seinen Job so liebt. »Ich brauche das, mich wie ein Kleinkind auf dem Trainingsplatz auszutoben.« Fatmir Vata ist jetzt 33. »Ich möchte weitermachen, so lange es geht.« Vielleicht sogar so lange wie sein Vorbild Lothar Matthäus. »Mich hat begeistert, wie er mit 39 noch gespielt hat. Voller Ehrgeiz, voller Energie.«
Ob Vata seine Karriere in Bielefeld beendet, weiß er nicht. Er würde gerne. Denn: »Hier bin ich sicher, dass jeder meine Fähigkeiten zu schätzen weiß und dass mir die Leute vertrauen.« Darum schlug er Angebote anderer Clubs aus, blieb, wo es ihm von Anfang an gefiel: in Bielefeld. Rangnick lockte ihn nach Hannover, Wolf nach Wolfsburg. Vata lehnte ab. »Ich habe alles richtig gemacht«, sagt er. Andere Arminen, die ihr Glück bei größeren Clubs suchten, fanden es nicht. Vata nennt Beispiele: »Reinhardt in Hamburg, Dabrowski in Hannover, Wichniarek in Berlin - keiner spielt so regelmäßig wie ich.«
Weil sich Vata in Bielefeld zu Hause fühlt, die Vorzüge, die Deutschland seiner Familie und ihm bietet, so sehr zu schätzen weiß, haben seine Frau und er beschlossen, mindestens so lange zu bleiben, bis auch ihr zweiter Sohn Kevin (1) volljährig ist. Vata, dessen Jungs zweisprachig aufwachsen, begründet: »Die beiden sollen selbst entscheiden können, was sie machen wollen und wie sie ihre Zukunft verbringen möchten. Auch sie sollen wie ich die Chance haben, in Deutschland zu bleiben.«

Artikel vom 29.01.2005