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Vollmond: Gericht
sagt Ortstermin ab

Zeuge schildert Tod seines Freundes

Von Christian Althoff
Espelkamp (WB). Im Prozess um den Tod des Rockers Willi B. (30) aus Espelkamp haben Vollmond und Schnee gestern Abend einen lange geplanten Ortstermin des Gerichtes am Tatort in Wallenhorst verhindert. »Es ist viel zu hell, während es in der Tatnacht stockduster war«, stellte die Vorsitzende Richterin fest.
»Es war Notwehr«, sagt der Angeklagte Wolfgang E.

Der Ortstermin, bei dem die Tat unter realistischen Bedingungen mit allen Prozessbeteiligten nachgestellt werden soll, wird nun voraussichtlich in einer Februarnacht stattfinden.
Wolfgang E., der Päsident der Osnabrücker Rockergruppe »Bandidos« (45), und sein Sohn Boris (19) stehen seit zwei Wochen wegen Totschlags vor dem Landgericht Osnabrück. Sie sollen Willi B. getötet haben, der den verfeindeten »Outlaws« angehörte.
Der Tod des Espelkampers - er ist der blutige Höhepunkt eines Rockerkrieges, der im Frühjahr 2004 begonnen hatte. Die »Outlaws«, die urspünglich in Löhne (Kreis Herford) zu Hause waren, hatten damals ihren »Machtbereich« auf Osnabrück ausgeweitet und dort ein Clubhaus eingerichtet. Die Lebensgefährtin eines »Outlaws« sagte aus, während der Renovierung dieser Clubräume seien im Juni 2004 vier Autos mit maskierten Männern vorgefahren: »Die haben alles zerstört.« Den einzig anwesenden »Outlaw« hätten sie zusammengeschlagen und mit Farbe besprüht.
Trotz dieses Angriffs bezogen die »Outlaws« ihr Vereinsheim wie geplant. Daraufhin hatten Wolfgang E. und einige seiner Freunde heimlich einen »Bandidos«-Aufkleber am Clubheim der »Outlaws« angebracht. Das wollten die wiederum nicht hinnehmen, wie »Outlaw« Eckhard B. (30) aus Löhne gestern aussagte: »Willi, ich und zwei weitere Männer sind in der Nacht zum Chef der Bandidos nach Wallenhorst gefahren«, sagte er und zeigte auf den Angeklagten. »Was dort genau passiert ist, habe ich verdrängt. Ich weiß nur noch, dass mein bester Freund Willi plötzlich reglos auf der Straße lag. Wolfgang zielte mit einer Pistole auf ihn, während sein Sohn mit einem Baseballschläger auf Willis Kopf einschlug.« Dieses Bild, sagte der Zeuge, verfolge ihn seit jenem 16. Juli: »Ich kann keine Nacht mehr durchschlafen.«
Eckhard B. und seine Freunde hatten den lebensgefährlich verletzten Willi B. damals in ihr Auto gezerrt und vor einem Osnabrücker Krankenhaus abgelegt. Für den 30-Jährigen, der von zwei Kugeln getroffen worden war, kam jedoch jede Hilfe zu spät.
Der Angeklagte Wolfgang E. hatte bereits am zweiten Prozesstag ausgesagt, die vier »Outlaws« hätten ihn nachts vor seinem Haus überfallen. Er habe aus Notwehr auf Willi B. geschossen, »der mit einem Knüppel in der Hand förmlich auf mich zugeflogen kam.« Sein Sohn habe auch nicht auf den am Boden liegenden Mann eingeschlagen, sondern ihn »nur in die Hüfte getreten.«

Artikel vom 26.01.2005