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Ehepaar rettet Kind aus Fluss

Wasser reißt sechsjähriges Mädchen mit - auch Junge in Lebensgefahr

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). Da hatte der liebe Gott gleich zwei Schutzengel geschickt: Horst (67) und Lieselotte (65) Flicker haben am Montag in Gütersloh die sechsjährige Süleya aus dem Dalke-Fluss gezogen und sie vor dem Ertrinken gerettet. Das Rentnerehepaar war zufällig Zeuge des Unglücks. Das kleine türkische Mädchen ist inzwischen außer Lebensgefahr.
Großeinsatz an der Dalke: Hier wäre beinahe ein Mädchen (6) ertrunken.

»Wir wollten eigentlich einen ganz anderen Weg nehmen«, berichtete Lebensretter Horst Flicker gestern dem WESTFALEN-BLATT, »aber meine Frau hatte sich vorgenommen, diesmal direkt an der Dalke spazieren zu gehen.« Diese Eingebung hat wahrscheinlich nicht nur Süleya das Leben gerettet, sondern auch dem vierjährigen Connor. Beide Kinder waren kurz nach 14 Uhr aus einem Gütersloher Kinderhort über einen 1,10 Meter hohen Zaun geklettert. In der Nähe einer Wassermühle entdeckten sie für sich einen anziehenden Spielplatz - und das Unheil nahm seinen Lauf.
»Schon von weitem«, sagt Horst Flicker, »sahen wir, wie das Mädchen einfach ins Wasser ging. Ruck-zuck wurde es von der Strömung einige hundert Meter weggetrieben.« In Panik liefen Horst und Lieselotte Flicker hinterher. Der ehemalige Möbeltischler packte sich geistesgegenwärtig einen dicken Ast und erwischte damit das Mädchen in Nähe des Ufers. Er zog es ganz vorsichtig aus dem Wasser. »Zuerst hat sie überhaupt nichts gesagt und sich auch nicht gerührt. Dann hat sie plötzlich Wasser gespuckt und die Augen geöffnet«, erzählt Horst Flicker erleichtert. Da habe er gewusst: »Sie lebt!« Inzwischen hatte seine Ehefrau die Rettungskräfte verständigt.
Connor, der kleine Freund des türkischen Mädchens, habe während der Rettungsaktion immer wieder dem Mädchen zugerufen: »Ich rette dich, ich rette dich!« Der Junge stand bereits bis zu den Knöcheln im Wasser. Das Rentnerpaar hielt ihn davon ab, in die Fluten zu springen. »Er fragte mich, ob wir ihn nach Hause bringen würden«, sagte Horst Flicker, der fest daran glaubt, dass Connor noch gar nicht wusste, in welcher Gefahr seine Freundin steckte. »Für den Jungen war das alles sehr aufregend.«
Das verletzte Mädchen liegt noch in der Kinderklinik Bethel und steht unter ärztlicher Beobachtung. Die Eltern wollen gegen den Kindergarten keine rechtlichen Schritte einleiten. »Alle sind heilfroh, dass die Sache so glimpflich ausgegangen ist«, meinen auch die beiden Lebensretter aus Gütersloh. »Die ganze Aktion ist uns ganz schön nahe gegangen«, gibt Horst Flicker offen zu. »Wir sind einfach glücklich, dass wir zur rechten Zeit am rechten Ort waren und das Mädchen überlebt hat.«

Artikel vom 26.01.2005