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Erwartet gute Bedingungen in Bielefeld: Chefchoreograf Gregor Zöllig

Tanztheater ist eine Spielwiese

Interview mit dem neuen Chefchoreografen Gregor Zöllig

Bielefeld (WB). Er gilt als innovativer Geist des modernen Tanztheaters und hat während seiner achtjährigen Wirkungszeit als Leiter und Chefchoreograf des Tanztheaters Osnabrück nicht nur eigene Erfolge gefeiert, sondern auch die internationale Tanzelite in die niedersächsische Nachbarstadt gelockt (das WB berichtete). Von Beginn der kommenden Spielzeit an übernimmt Gregor Zöllig (39) die Sparte Tanztheater am Theater Bielefeld. Mit ihm sprach Uta Jostwerner.

Was hat Sie bewogen, das Bielefelder Angebot anzunehmen?Gregor Zöllig: Ich habe in Michael Heicks einen Intendanten gefunden, der meine Gedanken und meine Art zu arbeiten sehr unterstützt. Ich denke, die Rahmenbedingungen am Theater Bielefeld sind gut.

Was kennzeichnet Ihre Arbeit, worauf legen Sie Wert?Gregor Zöllig: Ich habe in Osnabrück ein Forum für zeitgenössischen Tanz etabliert. Neben meiner eigenen Arbeit war es mir stets ein Anliegen, der Vielschichtigkeit des Tanztheaters beizuwohnen. Durch die Zusammenarbeit mit internationalen Gastchoreografen und durch Gastspiele internationaler Tanzcompagnien steht das Tanztheater Osnabrück heute als Repräsentant für den Austausch innovativer Tanzstile. Zudem ist es mir wichtig, interdisziplinär zu arbeiten und auch andere Bereiche der Kunst mit einzubeziehen. Ich sehe das Tanztheater als Spielwiese, in dem unterschiedlichste Kunstschaffende aufgefordert sind, sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren.

Wie hat das Publikum reagiert?Gregor Zöllig: Das Publikum hat das dankbar aufgenommen. Wir haben gute Erfolge zu verbuchen.

Wer prägte Ihre Tanzsprache. Gibt es Vorbilder?Gregor Zöllig: Die Bewegungslehre von Rudolf von Laban, die von Kurt Jooss, Sigurd Leeder und Jean Cebron an der Folkwangschule weiterentwickelt wurde, prägte meine choreografische wie pädagogische Arbeit. Dahinter steht die Überzeugung, dass keine Bewegung nur ihrer selbst willen berechtigt ist.

Was kann und was sollte Tanztheater Ihrer Meinung nach an Inhalten oder Aussagen transportieren?Gregor Zöllig: Das kann ich nur persönlich beantworten. Ich habe den Wunsch, im Zuschauer etwas zum Klingen zu bringen, ihn zu berühren. Er soll sich in meinen Stücken wieder finden, aber auch zum geistigen Diskurs angeregt werden. Das darf auch ein bisschen verstörend sein. Ausgangspunkt ist immer die Beobachtung des alltäglichen Lebens.

Nach welchen Kriterien werden Sie Ihr Ensemble zusammenstellen?Gregor Zöllig: Ich bin ein Teamarbeiter und erwarte von meinen Tänzern, dass sie eigene Ideen stark mit einbringen. Wer dazu bereit ist und flexibel genug, meinen Stil zu adaptieren, erfüllt die Kriterien.

Sie haben auffallend häufig in kleineren bis mittelgroßen Städten wie Aachen, Münster und Osnabrück gearbeitet. Was reizt Sie an der Provinz? Zieht es Sie nicht in die Tanzmetropolen?Gregor Zöllig: Provinz fängt in den Köpfen der Menschen an. Wenn man sich etwa die Tanzszene in Berlin anguckt, dann möchte ich da lieber nicht arbeiten. Außerdem habe ich genug mit großen Ensembles gearbeitet. Im kleinen Rahmen lassen sich eigene Visionen viel besser entwickeln und verwirklichen.

Artikel vom 27.01.2005