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»Freie Arztwahl ist nicht
wesentlich eingeschränkt«

Hausarzt-Programm der Barmer-Ersatzkasse - Klaus Birkhahn klärt auf

Von Andreas Schnadwinkel
Paderborn (WB). Die Barmer Ersatzkasse bietet ihren Versicherten ein Hausarzt-Programm an. Wer zuerst zu seinem Hausarzt geht, spart 30 Euro Praxisgebühr im Jahr. FIT hat mit Klaus Birkhahn, Regionalgeschäftsführer der Barmer Paderborn, über das Angebot gesprochen.

Wie funktioniert das neue Hausarzt-Programm der Barmer? Behält jeder Patient seinen Hausarzt, oder schließt die Barmer Verträge nur mit bestimmten Allgemeinmedizinern?
Klaus Birkhahn: Der Vertrag zur Integrierten Versorgung durch Hausärzte und Hausapotheker wurde mit dem Deutschen Hausärzteverband und dem Deutschen Apothekerverband geschlossen. Seit dem 1. Januar 2005 können sich zunächst alle Ärzte - ob sie Mitglied des Deutschen Hausärzteverbandes sind oder nicht - in dieses Modell der Integrierten Versorgung einschreiben. Das gilt für alle Hausärzte und hausärztlich tätige Internisten. Mit der Einschreibung sind jedoch einige Auflagen verbunden. So verpflichtet sich der Arzt, zum Beispiel an regelmäßigen strukturierten Fortbildungen teilzunehmen oder seine Praxis mit der für die Teilnahme am Modell notwendigen Software auszustatten. Unsere Kunden können sich vom 1. März 2005 an in das Modell einschreiben. Das bedeutet, dass sie ihren Hausarzt fragen, ob er an dem Modell teilnimmt. Nimmt der Hausarzt teil, so kann unser Kunde sich einschreiben und wählt dann noch eine Apotheke zur seiner Hausapotheke. Nimmt der Hausarzt nicht an diesem Modell der Integrierten Versorgung teil, kann sich unser Kunde bei diesem Hausarzt nicht einschreiben. Schon jetzt anfragende Kunden können sich bei der Barmer, der Hausapotheke oder beim Hausarzt auf eine Vormerkliste nehmen lassen. Es reicht aber aus, wenn sie vom 1. März 2005 an beim Hausarzt ihre Teilnahme erklären.
Können 30 Euro weniger Praxisgebühr im Jahr ernsthaft ein Anreiz sein, auf die Wahlfreiheit bei Ärzten zu verzichten?
Klaus Birkhahn: Der Deutsche Hausärzteverband geht davon aus, dass die Mehrzahl seiner Mitglieder sich in das Modell einschreiben wird. Da darüber hinaus - wie oben erwähnt - sich auch die Ärzte einschreiben können, die nicht Mitglied des Verbandes sind, ist damit zu rechnen, dass ein sehr hoher Prozentsatz der Hausärzte an diesem Modell teilnimmt. Somit wird die freie Wahl des Arztes für unsere Kunden, die an dem Modell teilnehmen möchten, nicht wesentlich eingeschränkt. In Notfällen kann direkt ein anderer Arzt aufgesucht werden. Das gilt auch für den Besuch bei Gynäkologen oder Augenärzten. Die finanzielle Entlastung in Höhe von 30 Euro gilt für jeden Erwachsenen ab 18 Jahren. Somit erzielt ein Ehepaar dadurch einen finanziellen Vorteil von 60 Euro. Das entspricht einer Beitragsentlastung für einen Durchschnittsverdiener in Höhe von 0,3 Prozent. Das ist aber nicht der einzige Vorteil für unsere Kunden. Durch die vernetzte Versorgung werden belastende Doppeluntersuchungen vermieden und die Absprache zwischen Arzt und Apotheker optimiert. Bei seiner Hausapotheke bekommt der Kunde zudem noch bis zu fünf Prozent Rabatt auf apothekenpflichtige Waren, die er dort einkauft.
Wie sieht Ihre Bilanz in Paderborn nach einem Jahr Praxisgebühr aus? Sind die Versicherten weniger zum Arzt gegangen?
Klaus Birkhahn: Allgemein sind im vorigen Jahr weniger Patienten zum Arzt gegangen als im Jahr zuvor. Genaue Zahlen diesbezüglich über unsere Kunden in Paderborn liegen mir allerdings nicht vor. Als ein Grund für den Rückgang der Arztbesuche ist sicherlich die Einführung der Praxisgebühr zu nennen. Ein Ziel der Gesundheitsreform wurde dadurch erreicht. Aktuell wird gemeldet, dass durch die Praxisgebühr die Kassen bis zu einer Milliarde Euro eingenommen haben sollen. Aus Gesprächen mit Ärzten weiß ich, dass sich das Verhalten der Patienten unterschiedlich verändert hat. So ist bei den Fachärzten (zum Beispiel HNO-Arzt) die Zahl der Patienten, die mit einer Überweisung kamen, schon im Jahr 2004 deutlich angestiegen.

Artikel vom 28.01.2005