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Elegant und
melancholisch

»Vom Suchen und Finden der Liebe«

Der Titel von Helmut Dietls neuem Film ist Programm, aber nicht ganz vollständig: »Vom Suchen und Finden der Liebe« heißt das jüngste Werk des Regisseurs. Doch vor allem das Verlieren der Liebe hebt die Geschichte auf eine melodramatische Ebene, mit der der Münchener sein Publikum überrascht.

Erneut typisch Dietl ist der elegante Inszenierungsstil, mit dem er eine deutsche Starbesetzung hochglamourös zum Leuchten bringt. Doch während in Dietls Gesellschaftssatiren »Schtonk«, »Rossini« und »Late Show« Drama, Melancholie und Sehnsucht die Gegenpole zu seinem beißendem Witz bildeten, sind diesmal die Gewichte anders verteilt: Die Sache mit der Liebe ist dem 60 Jahre alten Perfektionisten so ernst, dass er sie nicht mehr satirisch bloßstellt, sondern Grundmuster und Klischees mit dem Orpheus-Mythos der griechischen Klassik kombiniert.
Die Liebe überwindet die Grenze des Todes - natürlich nicht ganz ohne Komik und Hintersinn. Aber zu zeigen, wie das funktioniert, ist nicht das einzige Anliegen des Drehbuchs, das Dietl wieder mit dem Autor Patrick Süßkind gemeinsam verfasste.
Der Komponist Mimi Nachtigall (Moritz Bleibtreu) und die junge Sängerin Venus Morgenstern (Alexandra Maria Lara) haben die große Liebe gefunden. Er arbeitet mit und an ihr und macht sie mit seinen Chansons zum Star. Das perfekte Paar? Nein: Endlose Streitereien gipfeln in einer öffentlichen Trennungsszene auf der Bühne, und Venus sucht sich einen weniger anspruchsvollen Freund. Mimi dagegen wirft sich dem Tod in die Arme; in Griechenland, in der Ferienvilla von Theo (Uwe Ochsenknecht) nimmt er sich das Leben.
Vorbei ist damit freilich noch lange nichts. Dietl wagt das Experiment und entfernt sich vom sicheren Terrain der Realwelt. Ein finsterer Fährmann setzt Mimi in eine digital erschaffene Unterwelt über. In diesem mythologischen Kino-Hades kümmert sich Hermes (Heino Ferch) um den Unglücklichen und buhlt um dessen Zuneigung. Und auch Venus erkennt, dass sie ohne Mimi nicht leben mag. Wie Orpheus, der seiner Eurydike in die Schattenwelt folgte, steigt sie ins triste Totenreich hinab und befreit Mimi. Auf dem Rückweg jedoch gilt für beide (wie in der griechischen Sage): Schaut nicht zurück!
Soweit der romantische Part der Geschichte -ÊBezüge zum wirklichen Leben sind durchaus gewünscht. Moritz Bleibtreu sieht mit Bart und langen Haaren aus wie sein Regisseur, als der noch jünger war. Und hatte Dietl nicht selbst mit Veronica Ferres eine Liebesbeziehung, in der er sie formte und berühmt machte, worauf sie ihn verließ?
Die Randgeschichten haben feine Satire zu bieten: Uwe Ochsenknecht und Anke Engelke brillieren als unglücklich-entfremdetes Paar, das den raren Sex per Terminkalender plant. Engelke landet sogar mit ihrem Late-Night-Vorgänger und -Nachfolger Harald Schmidt zu Therapiezwecken im Bett - ein amüsanter Medien-Coup der besonderen Art. Justus von Dohnanyi spielt einen unkultivierten Musikproduzenten als naiv-geschäftstüchtige Dieter-Bohlen-Karikatur, und Heino Ferch, der seriöse Held des deutschen Films, verwirrt die Zuschauer als wandlungsfähiger Hermaphrodit mit knackigen Brüsten unter der güldenen Lockenpracht.

Artikel vom 27.01.2005