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Kohlschreiber
war zu hastig

Selbstkritik nach dem Ausscheiden

Melbourne (dpa). Nach einem Abschied mit Anstand hat Philipp Kohlschreiber die Tennis-Fachwelt bei den Australian Open noch einmal verblüfft. »Ich habe seinen Aufschlag schwächer eingeschätzt«, erklärte er nach seiner 3:6, 6:7 (6:8), 1:6- Niederlage im Achtelfinale gegen Mitfavorit Andy Roddick. Dabei ist der Amerikaner mit fast 250 Stundenkilometern Aufschlag-Weltrekordler.

Das erwartete Ausscheiden des erfrischend auftretenden Kohlschreiber besiegelte das insgesamt enttäuschende deutsche Abschneiden beim Grand-Slam-Auftakt. Übrig blieb zu Beginn der zweiten Woche Daviscup-Spieler Alexander Waske, der mit dem Österreicher Jürgen Melzer im Doppel-Viertelfinale steht. Dagegen scheiterte Anna-Lena Grönefeld an der Seite von Marion Bartoli aus Frankreich im Achtelfinale.
Kohlschreiber durfte nach einer zwei Sätze lang ordentlichen Leistung und angesichts von 44 000 Euro Preisgeld trotzdem eine positive Bilanz ziehen. »Es war eine tolle Erfahrung, auch wenn ich verloren habe«, sagte der 21-Jährige nach seinem ersten Grand-Slam-Achtelfinale vor fast 10 000 Zuschauern. Ihnen wollte der Bayer eine Show bieten, doch das war ein Fehler. »Ich hätte viel weniger machen müssen. Ich wollte ihn wegschießen«, stellte Kohlschreiber selbstkritisch fest. Im Tiebreak unterliefen ihm nach einer 3:1- Führung vier leichte Fehler, davon einer beim 6:6. Das ärgerte ihn nach dem nur 87-minütigen Match: »Ich war viel zu hastig.«
Doch letztlich konnte er gegen Roddicks Service kaum etwas ausrichten. »Das war echt Wahnsinn. Das waren 20-Sekunden-Spiele«, meinte Kohlschreiber, der im ersten Satz nur einen einzigen Punkt gegen 17 erste Aufschläge des US-Open-Siegers von 2003 gewinnen konnte. Gegen Ende rauschte der Ball einmal mit 228 Stundenkilometern auf ihn zu. Kohlschreiber will Roddick bei nächster Gelegenheit um eine Trainingseinheit bitten, um sich an Geschwindigkeit und Schnitt seiner Aufschläge zu gewöhnen.
Roddick hakte den Pflichtsieg schnell ab. »Das Gute ist: Ich hatte nicht das Gefühl, meinen besten Tag zu haben, und jetzt sprechen wir über einen Drei-Satz-Sieg«, sagte der Weltranglisten-Zweite.
Bei den Damen schieden gleich drei Mitfavoritinnen aus. Venus Williams unterlag in einem hochklassigen Match 5:7, 6:7 (3:7) gegen Lokalmatadorin Alicia Molik. Die Weltranglisten-Zwölfte Molik trifft nun auf die topgesetzte Amerikanerin Lindsay Davenport.
French-Open-Siegerin Anastasia Myskina aus Russland verlor 4:6, 2:6 gegen die Französin Nathalie Dechy, die gegen Patty Schnyder antritt. Die Schweizerin gewann 6:7, (6:8), 7:6 (7:4), 6:2 gegen Russlands French- und US-Open-Finalistin Jelena Dementjewa, obwohl sie im zweiten Satz schon 0:4 hinten lag.
Danach half Lleyton Hewitt mit, dass die Australier erstmals seit 17 Jahren in beiden Einzel-Wettbewerben unter den letzten Acht vertreten sind. Hewitt zog im neunten Anlauf erstmals ins Viertelfinale seines Heim-Grand-Slams ein - allerdings erst nach einem vierstündigen Kraftakt gegen Spaniens 18 Jahre jungen Daviscup-Sieger Rafael Nadal. Hewitt stand beim 7:5, 3:6, 1:6, 7:6 (7:3), 6:2 am Rand der Niederlage.

Artikel vom 25.01.2005