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Ein Familienbetrieb
ganz aus einem Guss

Tweer GmbH ist nicht nur in Technologiefragen Spitze


Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Der alteingesessene Handwerksbetrieb, der Metallbauer, der weltweit exportiert, das exklusive Fachgeschäft in der City: Der Mittelstand ist Rückgrat der Wirtschaft und Garant für die Zukunft. Das WESTFALEN-BLATT stellt in einer Serie erfolgreiche Mittelständler vor. Heute: die Gießerei Reinhard Tweer GmbH.
»Tweer hat immer Kundenguss für andere geliefert«, unterstreicht der Chef und zeigt auf eine Vielzahl von Fotos und Modellen im Büro, die auf die verschiedensten Arbeitsgebiete hinweisen, in denen das Familienunternehmen am Krackser Bahnhof tätig ist, und das seit insgesamt 95 Jahren. Tweers Hinweis auf Kundenguss verdeutlicht die technologische Vielfalt des mittelständischen Gießers mit 310 Mitarbeitern. Einziges Problem: Spitzenqualität aus Sennestadt ist weltweit in Betrieb. Auf Anhieb erkennbar ist sie selten. Kaum irgendwo steht direkt Tweer auf dem Gehäuse oder Fahrwerksteil.
An Beispielen mangelt es Vater Klaus-Dieter Tweer (65) und Sohn Reinhard (41) nicht: Ob Drehgestelle für die ICE-Züge II und III, Kupplungsteile für die Schiffsmotoren in der Queen Mary 2, Systemteile für Fußballstadien in Wolfsburg oder im nigerianischen Lagos, Kranteile, das Grundgerüst für den Hannoveraner Messepavillon oder ganz einfach Pfosten für den Ravensberger Park. Mehr als 55 Prozent der Gießereiprodukte, in Tonnage gesehen, gehen in den Nutzfahrzeugbereich. Seit vielen Jahrzehnten erfolgreich im Geschäft sind die Tweers mit dem holländischen Produzenten DAF, einer der Klassiker ist die Sattelplatte, mit deren Hilfe Auflieger auf Zugmaschinen gesetzt werden.
Tradition und Innovation liegen bei den Tweers dicht beieinander. Stolz ist man auf die 2004 in Betrieb genommene Modelltischlerei, in der nach neuesten Maßstäben die Modelle in Holz, Styropor oder Kunstharz angefertigt werden, in enger Zusammenarbeit mit den Kunden. Modernität macht man bei nicht nur an CNC-Steuerungen oder Computerplattformen fest, sondern auch am Arbeitsklima für die 20 Mitarbeiter im Modellbau. Modernste Luftsysteme sorgen für Reinlichkeit.
Die ganze Gießerei ist Familiensache, freut sich Klaus-Dieter Tweer über eine Vielzahl besonders langjähriger Mitarbeiter und einen gleichzeitig rekordverdächtig niedrigen Krankenstand im Branchenvergleich: »Das muss am besonderen Klima bei uns liegen.« Familiensache ist der Betrieb aber auch in anderer Hinsicht, den Urgroßvater Reinhard Tweer 1910 in Brackwede gegründet hatte. Die unermessliche Energie der Familie Tweer hat dafür gesorgt, dass man trotz aller noch so herben Rückschläge inzwischen in vierter Generation optimistisch nach vorn blickt. Gründer Reinhard Tweer starb im Ersten Weltkrieg, Sohn Reinhard an den Folgen des Zweiten Weltkrieges. Witwe Marie-Luise Tweer, damals 39 Jahre und Mutter von vier Kindern, übernahm 1949 das Ruder. Klaus-Dieter Tweer ist seit 1962 im Unternehmen, sein Sohn nach Studium des Hüttenwesens und externen Erfahrungen seit 1996.
In drei Schichten rund um die Uhr wird der Stahl- und Sphäroguss hergestellt. Für Klaus-Dieter, Sohn Reinhard und Schwester Kristina Tweer beginnt der Arbeitstag morgens um 6.30 Uhr mit einem Briefing. Die beispielhaften Vertreter des Mittelstandes leben in und für ihr Unternehmen. Und greifen am Wochenende selbst in die Produktion ein. Die Glühöfen für die Wärmebehandlung, die im Gegensatz zu den Schmelzöfen nicht abgeschaltet werden zwischen Samstag- und Sonntagabend, werden dann von Vater und Sohn eigenhändig bestückt, während die Belegschaft eine verdiente Pause macht. Klaus-Dieter Tweer: »Für uns ist diese Arbeit selbstverständlich.« Familie und Firma stehen bei Tweer im Fokus. Da versteht sich das Engagement im Ehrenamt als Verpflichtung.

Artikel vom 26.01.2005