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NCL: Licht ins Dunkel bringen

Unheilbare Erkrankung im Kindesalter wird oftmals nicht erkannt

Von Elke Bösch
Espelkamp (WB). »NCL« - das sind drei Buchstaben, hinter denen sich eine seltene Krankheit verbirgt: Neuronale-Ceroid Lipofuszinose. Dieses Leiden ist wenig bekannt und wird selten, wenn überhaupt, schnell diagnostiziert. Der Bundesvorsitzende der Selbsthilfegruppe »NCL«, Wilhelm Rüter aus Espelkamp, vermutet deshalb, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt. Bekannt sind in Deutschland 320 Krankheitsfälle.

Rüter hat eine 27-jährige Tochter, die an NCL leidet. Bei NCL, auch bekannt als »batten desease«, handelt es sich um eine unheilbare Erkrankung im Kindesalter, die erblich bedingt ist. Die Stoffwechselkrankheit führt zu einem Absterben der Nervenzellen, von dem schrittweise schließlich der gesamte Organismus betroffen ist. Die wissenschaftliche Forschung arbeitet intensiv daran, die Ursachen aufzudecken und die Entwicklung einer Therapie voranzutreiben.
»Die Diagnose ist schwierig. Die Symptome weisen nicht gleich auf diese Krankheit hin, ergeben kein klares Bild«, musste auch der Bundesvorsitzende feststellen. Wie er und seine Frau konsultieren Eltern einen Arzt nach dem anderen. »Oft ist es nur ein Zufall, dass NCL erkannt wird. Eltern von an NCL erkrankten Kindern stoßen kaum auf Verständnis bei Behörden oder Organisationen«, stellte Rüter fest. Jede Maßnahme, jede Hilfe müsse in der Regel hart erkämpft werden. Bei allen NCL-Formen kommt es zur Erblindung, zum geistigen Abbau, zu Epilepsie und Bewegungsstörungen.
Am meisten verbreitet sind in Deutschland zwei Formen: Die spätinfantile NCL tritt im Alter von zwei bis vier Jahren auf. Die Patienten leiden an schwerer Epilepsie, die medikamentös kaum beherrschbar ist. Untersuchungen führen selten zu einer klaren Diagnose. »Und das ist für die Eltern besonders schwer. Sie wissen nicht, woran ihr Kind leidet«, weiß Rüter. Diese Kinder werden zumeist im Alter von zehn bis 13 Jahren von ihren Leiden erlöst.
Auch schwer zu deuten sind die Symptome der juvenilen Form von NCL. Die Mädchen und Jungen wachsen zuerst völlig normal auf. Erstes Alarmzeichen kann eine Sehschwäche sein, die im Grundschulalter auftritt und nach einiger Zeit in völliger Blindheit endet. Die Patienten leiden auch an Halluzinationen, sie hören, aber sprechen nicht mehr, der Tag- und Nachtrhythmus fehlt, Gedächtnis und Orientierung gehen verloren. Im weiteren Verlauf bauen die Kinder körperlich ab, so dass sie auf den Rohlstuhl angewiesen sind. Außerdem treten immer stärker epileptische Anfälle auf. »Für Eltern tragisch ist darüber hinaus, dass noch ganz im Unklaren liegt, ob das schweigende Kind sich seiner Lage bewusst ist. Vermutungen gehen dahin, dass der Patient mehr versteht als angenommen wird, und er sehr sensibel für alles ist, was in seinem Umfeld geschieht. Die juvenile Form führt zumeist im Alter von 25 bis 30 Jahren zum Tode.
Die Krankheit verändere auch das Leben der Angehörigen, erzählt Wilhelm Rüter. Der zweifache Vater hat sich deshalb mit seiner Frau entschlossen, in der Selbsthilfe-Gruppe mitzuarbeiten. »Unsere Ziele sind die optimale Förderung des Kindes, Hilfestellung leisten für eine optimale Pflege und ärztliche Betreuung, Kontakt zwischen den Eltern vermitteln und sie beraten, Treffen und Tagungen zu organisieren, Wissenschaftliche Forschung vorantreiben und Problembewusstsein bei Behörden wecken«.
Ganz wichtig ist ihm die Aufklärung. Um anderen Eltern den langen Weg von Arzt zu Arzt bis zur richtigen Diagnose zu erleichtern, legt der Verein Broschüren bei Kinderärzten und in Blindenschulen aus. Eine klare klinische Diagnose oder pränatale Diagnose sei nämlich selbst in Zeiten der Gentechnik nur durch eine so genannte morphologisch-elektronenmikroskopische Untersuchung des geeigneten Gewebes möglich.
Interessierte können sich im Internet oder beim Bundesvorsitzenden der Selbsthilfegruppe Wilhelm Rüter in Espelkamp (Tel. 05771/3255), informieren.

www.ncl-deutschland.de

Artikel vom 28.01.2005