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Meschugge: Ulkig und bedrückend


Essen (dpa). Im Studio des Essener Grillo-Theaters erlebte am Donnerstagabend das Stück »Meschugge« des amerikanischen Autors Kenneth Londergan seine teils ulkige, teils bedrückende deutschsprachige Erstaufführung erlebt.
In dem Stück - zugleich Familienkomödie wie Psychodrama - geht es um die beginnende und zunehmende Demenz einer exzentrischen alten Dame und darum, wie ihre Familie damit umgeht.
»Meschugge« ist vor allem das Porträt Gladys Greens, einer ehemaligen Anwältin. Sie betreibt eine kleine Galerie, in die sich nur aber nur selten jemand verirrt. Anfangs ist die von Ute Zehlen herrlich gespielte alte Dame auf der nur spärlich mit einem Tisch und mehreren Stühlen ausstaffierten Bühne etwas wunderlich. Wenn sie ohne Punkt und Komma Wort-Fluten auf die Familienangehörigen loslässt, am Hörgerät bastelt und über alte Leute und den Verfall ihres New Yorker Viertels philosophiert, gibt es Lacher im Publikum und bei der Bühnenfamilie.
Doch während im Hintergrund stets ein Familienporträt prangt, auf dem Gladys, ihre Tochter Ellen sowie deren Ehemann Daniel und Enkel Howard lachend und glücklich von der Wand schauen, frisst die Demenz nach und nach jede Heiterkeit aus dem Leben der wohlsituierten Kleinfamilie aus dem jüdischen Milieu. Zunächst klappt es bei Gladys noch mit dem Langzeit-Gedächtnis, und sie gefällt sich im Erinnern und im Ausschmücken der »alten Zeiten«. Immer mehr ergreift die Krankheit von ihr Besitz, lässt sie Personen sehen, wo keine sind, Namen für Personen und Gegenstände vergessen und fahrig-zappelig werden. Tochter Ellen - immerhin Psychotherapeutin - ertappt sich immer häufiger dabei, wie sie die alte Dame anbrüllt.

Artikel vom 22.01.2005