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Bahn soll Stilllegung
von Strecken stoppen

»Wirtschaftsstandort Deutschland nimmt Schaden«

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Köln (WB). Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Köln hat die Deutsche Bahn aufgefordert, ihre Pläne zu weiteren Stilllegungen von Eisenbahnstrecken zu stoppen.

»Die Situation des regionalen Schienennetzes in Deutschland ist bereits äußerst Besorgnis erregend«, sagte Stephan Anemüller, Fachstellenleiter für Eisenbahnverkehr, dieser Zeitung. Die Situation sei durch Kapazitätsverminderungen, Geschwindigkeitsreduzierungen und durch eine stark zunehmende Zahl von Infrastrukturstilllegungen gekennzeichnet. Allein von Januar 1994 bis August 2004 seien in Deutschland 4596 Kilometer regionale Eisenbahnstrecken stillgelegt worden. Für weitere 1700 Kilometer liefen derzeit Stilllegungsverfahren
Besonders betroffen seien durch den Güterverkehr genutzte regionale Eisenbahninfrastrukturen. Da die Netzschrumpfung nicht zur Stärkung des verbleibenden Netzes führe, seien inzwischen auch Strecken betroffen, auf denen Personenzüge verkehrten.
In Nordrhein-Westfalen sollen zehn weitere Strecken (61,6 Kilometer) stillgelegt werden. In Ostwestfalen-Lippe sind hiervon die Güterverkehrverbindungen Minden Oberstadt - Todtenhausen (Betreiber sind die Mindener Kreisbahnen GmbH) und Paderborn Nord - Anschluss Benteler (Deutsche Bahn) betroffen.
Die Sicherung von regionaler Eisenbahninfrastruktur müsse den Bundesländern übertragen werden, sagte Anemüller. Ein Teil der 2,8 Milliarden Euro, die der Bund der Bahn zur Sicherung des Bestandsnetzes zur Verfügung stelle, sollte daher in Zukunft an die Länder gezahlt werden. Da die Länder nah bei den Kunden und Verkehrsunternehmen agierten, seien sachgerechte Lösungen zu erwarten, sagte Anemüller. Ferner würden öffentliche Mittel effektiver eingesetzt. Der VDV werde die Verlagerung der Verantwortung für das regionale Schienennetz zum Thema im Bundestagswahlkamfp 2006 machen.
Der interessante Vorschlag des VDV könne nur umgesetzt werden, wenn das Grundgesetz geändert werde, ist die Meinung von NRW-Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD/Herford). Derzeit sei der Bund allein für die Schienenwege der Eisenbahn des Bundes zuständig. Ferner müsse die Finanzierung des regionalen Netzes neu geregelt werden. Die Länder müssten einen Anteil der Mittel aus dem Bundesschienenwegebedarfsplan bekommen.
Nach Angaben des Verkehrsministeriums sind in den vergangenen Jahren in Nordrhein-Westfalen von 4500 Kilometern 150 Kilometer stillgelegt worden.

Artikel vom 24.01.2005