24.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Skepsis über neuen
NPD-Verbotsantrag

Hartes Vorgehen nach Eklat im Dresdener Landtag gefordert

Berlin/Dresden (dpa/AP). Knapp zwei Jahre nach dem Scheitern des NPD-Verbotsantrages in Karlsruhe wird der Ruf nach einem harten Vorgehen gegen die Rechtsextremisten wieder lauter.
Spitzenpolitiker von Rot-Grün und Union forderten eine verstärkte politische Auseinandersetzung, äußerten sich aber trotz des Schocks über den jüngsten NPD-Eklat im sächsischen Landtag skeptisch zu einem neuen Anlauf für ein Parteiverbot.
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) legt es offensichtlich nicht auf ein zweites Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht an. Er sagte, leider sei das angestrebte Verbot im März 2003 in Karlsruhe gescheitert. »Deshalb müssen wir uns jetzt stärker auf die politische Auseinandersetzung beziehen.« Außenminister Joschka Fischer (Grüne) verlangte: »Es müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, eine Wiederholung solcher volksverhetzender Auftritte zu verhindern.«
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth rief die Wähler in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auf, im Februar und Mai »mit einer hohen Wahlbeteiligung dafür zu sorgen, dass die Rechtsextremen nicht in die Landtage kommen«. SPD-Chef Franz Müntefering appellierte, die Provokationen nicht mehr hinzunehmen. Allen Demokraten müsse klar sein, dass »diese braune Soße in Deutschland keine Chance« haben dürfe.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, äußerte Zweifel, ob die Politik entschlossen genug gegen Rechtsextremismus vorgeht. Es reiche offenbar nicht aus, den Wählern zu sagen: Wählt nicht die NPD. »Erschreckend schnell« sei nach den Wahlerfolgen der Rechtsextremisten in Brandenburg und Sachsen zur politischen Tagesordnung übergegangen worden, kritisierte Spiegel. »Bei allem grundsätzlichen Vertrauen in deutsche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: »Wo bleibt der vielfach beschworene ÝAufstand der AnständigenÜ?«
»Eine Wiederaufnahme des NPD-Verbotsverfahrens muss sorgfältig vorbereitet werden«, sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU). »Aktionismus hilft nicht weiter, sondern nützt im Falle eines erneuten Scheiterns nur der NPD.« Das Bundesverfassungsgericht hatte das Verbotsverfahren gegen die NPD 2003 eingestellt. Im Zuge der Vernehmungen hatte sich herausgestellt, dass mehrere Zeugen für den Verfassungsschutz arbeiteten.
Die NPD muss seit der Landtagsdebatte am Freitag in Dresden mit rechtlichen Schritten der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung rechnen. Abgeordnete der Partei hatten die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte mit dem Massenmord der Nazis an den Juden verglichen und von einem »Bomben-Holocaust von Dresden« gesprochen. Zudem verweigerte sich die NPD einer Schweigeminute für die Opfer des Nazi-Regimes. Kommentar

Artikel vom 24.01.2005