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EU will Einheitslasten berücksichtigen

Reform des Stabilitätspaktes geplant - Juncker: »Defizitverfahren bleibt«

Berlin (ddp). Die Europäische Union (EU) will bei der geplanten Reform des Stabilitätspaktes den Wünschen der Bundesregierung offenbar in Teilen entgegenkommen.

Die EU sei bereit, künftig die Kosten der deutschen Wiedervereinigung bei der Schuldenbilanz zu berücksichtigen, sagte Währungskommissar Joaquin Almunia. EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker lehnte aber die Forderung von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nach einem Verzicht auf ein Defizit-Verfahren ab. CDU-Chefin Angela Merkel warnte die Regierung vor einer Aufweichung des Stabiliätspakts.
Wenn die Finanzlage eines Landes beurteilt werde, spielten »alle relevanten Faktoren eine Rolle. Die enorme Herausforderung der deutschen Einheit zähle« er »selbstverständlich dazu«, sagte Almunia. Almunia wies weiter Befürchtungen vor einer Aufweichung der Drei-Prozent-Neuverschuldungskriteriums zurück: »Die Grenze bleibt und darf nicht wegen irgendwelcher Kleinigkeiten gebrochen werden«, versicherte der EU-Kommissar.
Juncker betonte, die Kommission werde auch nach der Reform des Stabilitätspaktes das Recht haben, ein Verfahren gegen Defizit-Sünder einzuleiten. Wichtig für die Reform des Stabilitätspaktes seien »mehr finanzpolitische Vernunft im Aufschwung und mehr ökonomische Vernunft im Abschwung«. Der luxemburgische Regierungschef leitet derzeit die Verhandlungen zur Reform des Stabilitätspaktes, die bis Mitte März abgeschlossen sein sollen.
Schröder hatte zuvor gefordert, dass auf die Einleitung eines Defizit-Verfahrens ganz »verzichtet werden kann«, wenn ein Land »das ökonomische Potenzial besitzt, mittelfristig wieder ein Defizit von unter drei Prozent und einen zurückgehenden Schuldenstand zu erreichen«. Damit würden die Rechte der Kommission erheblich eingeschränkt.
Merkel kritisierte Schröders Handeln als »fatal«. Wachstum auf Pump raube den künftigen Generationen ihre Zukunftschancen. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler dagegen begrüßte das Signal der Kommission als »bedeutenden Schritt«. Es sei im Interesse Deutschlands und Europas, die »enormen Leistungen« der deutschen Volkswirtschaft für die neuen Bundesländer »nicht zu einer Bremse für Wachstum und Beschäftigung« in ganz Europa werden zu lassen.

Artikel vom 24.01.2005