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Viele hoffen auf das Wunder

Flutkatastrophe: Noch immer gelten fast 600 Deutsche als vermisst

Hamburg (dpa). Vier Wochen nach der Flutkatastrophe in Asien gelten fast 600 Deutsche offiziell noch als vermisst. Doch erst wenige Angehörige haben sich bei Versicherungen und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gemeldet, um sich die Lebensversicherung eines Verschollenen auszahlen zu lassen und eine Hinterbliebenenrente zu beantragen.

Viele hoffen, dass ihre Angehörigen noch leben. Nach Meinung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist schwer zu sagen, wie viele betroffene Angehörige es gibt und wie lange die Bearbeitung dauern wird. Auch die BfA kann nicht einschätzen, um wie viele Fälle es sich handelt.
»Nicht jeder denkt als erstes an eine Lebensversicherung«, sagt GDV-Pressesprecher Stephan Gelhausen. Auch die Allianz Lebensversicherungs AG, Marktführer mit Sitz in Stuttgart, kann nicht sagen, wie viele ihrer Kunden betroffen sind. »Bislang haben wir sechs Fälle im Zusammenhang mit dem Seebeben«, erklärte Sprecherin Astrid Zawodniak. »Wir spüren noch kein großes Aufkommen. Vermutlich werden die Angehörigen die tragischen Umstände erst verarbeiten müssen und sich dann an die Versicherung wenden.«
Normalerweise müssen Angehörige von Verstorbenen privaten Versicherungen und der BfA eine Sterbeurkunde vorlegen. Geht es um Vermisste, ist eine Todeserklärung erforderlich. Diese wird auf Grundlage des so genannten Verschollenheitsgesetzes ausgestellt. Laut Gesetz kann ein Vermisster zwar erst nach zehn Jahren für tot erklärt werden. Zugleich lässt es aber deutlich kürzere und gestaffelte Fristen zu, wenn jemand nach Gefahrensituationen vermisst wird. So kann jemand, der in Lebensgefahr geraten und seitdem verschwunden ist, nach einem Jahr für tot erklärt werden.
»Das dauert in diesem Fall zu lang, deswegen reicht uns eine von einer deutschen Polizeidienststelle ausgestellte Vermisstenmeldung«, erläuterte Zawodniak. In der Vermisstenmeldung müssten der zuletzt bekannte Aufenthaltsort und der Zeitpunkt des Verschwindens angegeben sein. Außerdem vorgelegt werden muss die Versicherungspolice. »Wenn diese beiden Dokumente vorliegen, dann zahlen wir innerhalb kürzester Zeit die Versicherungsleistung aus.«
Der Name eines Angehörigen auf der Vermisstenliste des Auswärtigen Amtes reicht dagegen nicht aus. Die Versicherung verlangt außerdem, dass die Todeserklärung nach einem Jahr nachgereicht wird. Die Bescheinigung wird in der Regel vom Amtsgericht am letzten Wohnort des Verschollenen ausgestellt.
Bei der BfA gab es mehrere Anfragen zur Zahlung gesetzlicher Renten von Vermissten der Flutkatastrophe und zu Hinterbliebenenrenten, aber Anträge wurden noch nicht gestellt. »Wir haben eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sollten mehr Anträge eingehen, verstärken wir das Personal«, sagte BfA-Referent Walter Glanz.
»Wir prüfen alle zweckdienlichen Unterlagen wie Vermisstenlisten, Buchungsunterlagen, Hotelbestätigungen - alles, was belegt, dass jemand zum Zeitpunkt der Katastrophe in dem betroffenen Gebiet war«, erklärte Glanz. Wenn die Behörde vom Tod eines Verschollenen ausgeht und alle auch im Normalfall benötigten Unterlagen vorliegen, könne die Rente bereits nach vier bis sechs Wochen ausgezahlt werden.

Artikel vom 24.01.2005