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Berliner Flair umgarnt
die Modehersteller

Aussteller aus OWL zeigen bei Messe neue Trends auf

Von Bernhard Hertlein
Berlin (WB). Freitag Morgen, 6.37 Uhr. Der ICE-Bahnsteig in Bielefeld quillt über - fast so wie früher zur Love Parade. Doch die Reisenden, die auf den Zug nach Berlin warten, sind keine Techno-Fans, sondern Geschäftsleute. Trotzdem spürt man Vorfreude und Anspannung. Es geht zu einer Premiere.
Hemden nach Maß: Otto Kern zieht Männer an.

Brinkmann, Ahlers, Brax, Hucke, Seidensticker: Fast alle namhaften ostwestfälischen Hersteller von Herrenbekleidung (HK) sind bei der ersten »B-in-Berlin« dabei. In der Branche steckt derzeit sehr viel Dynamik, steckt Pep. Das spiegelt die Hauptstadt besser wider als die bei den Herren etwas unbeliebte alte »Modetante« Düsseldorf. »Wir brauchen Emotion«, sagt Oliver Seidensticker. »Und Berlin hat was.«
Zunächst bleibt der große Ansturm noch aus. Die Eröffnungsparty mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit quillt nicht gerade über von Besuchern. Auch hat der Taxi-Fahrer noch nichts von der neuen Modemesse mitbekommen: »Sie wollen doch sicher zur Grünen Woche.«
»Das wird sich ändern«, ist Klaus Brinkmann (Herford), Präsident des German Fashion Modeverbandes Deutschland, überzeugt. Er hat auch als Unternehmer gut lachen: Die Halle 1.1, in der unter anderem die Brinkmann-Marken bugatti und Odermark ausstellen, zieht vom Start weg die meisten Besucher an. Dagegen tritt man sich in Halle 4, wo die Produzenten von Damenoberbekleidung (DOB) ausstellen, nur bei den Modeschauen auf die Füße.
Beim Betreten der Hallen fällt auf: Hier zeigen Modemacher, was sie zu bieten haben. Anderswo schirmen hallenhohen Stellwände die Aussteller gegen neugierige Wettbewerber ab. In Berlin gibt man sich offen. So gut wie keine Trendwand ist höher als 1,60 Meter.
»Ganz oder gar nicht«, sagt Brinkmann. »Messen, die nur die halbe Branche repräsentieren, werden untergehen.« In der Herrenbekleidung habe die Hauptstadt jetzt ganz klar die Nase vorn. »Die DOB wird sich entscheiden müssen.«
Dass es in Berlin »kribbelt«, hat mit der »Bread and Butter« zu tun. Mehr Event und Happening als Messe hat die Schau der Berliner Modedesigner die Hauptstadt wieder ins Gespräch gebracht. Marc Freyberg, Marketing-Leiter von Brax Leineweber (Herford), ist überzeugt, dass »B-in-Berlin« aber auch ohne »Bread and Butter« eine Zukunft hat: »Berlin war schon in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts deutsche Mode-Hauptstadt und wird es wieder werden.«
Der Herforder Bekleidungshersteller Ahlers hat seit 2002 an keiner großen deutschen Modemesse mehr teilgenommen. Vorstandssprecher Karl Galling war am Eröffnungstag noch etwas skeptisch. Sven Doerbecker, Marketing-Chef der Ahlers-Lizenzmarke Pierre Cardin, berichtet von sehr positiven Reaktionen des Handels, der dann doch zum Teil aus Kostengründen abgesagt habe: »Wir warten ab.«
Wo so viel über die Messe gesprochen wird, geht das Hauptthema - die Herbst-/Winter-Mode 2005 - fast unter. Freunde großer Farbigkeit sollten im Frühjahr die Augen volltanken. In der zweiten Jahreshälfte macht das Knallige wieder dezenteren Tönen Platz. Die Modeschauen auf der »B-in-Berlin« bestätigen die Aussage von Edgar Schulten, Designer beim Hemdenhersteller Seidensticker (Bielefeld), dass Lila »in allen Variationen« und Petrol in den Vordergrund rücken. Bei den Jacken dominieren Fuchsia und Braun, daneben Grau und Anthrazit. Den traditionellen Anzug ersetzen Sakko und Jeans. Gern wird das Hemd über der Hose getragen, so dass es unter der Jacke hervorschaut.

Artikel vom 22.01.2005