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Druck auf Eltern wächst

Schul-Verweigerern droht jetzt auch Hausdurchsuchung

Von Bernhard Liedmann
Paderborn (WB). Den sieben baptistischen Elternpaaren, die den Grundschulbesuch ihrer 15 Kinder verweigern, hat der Kreis Paderborn Zwangsmaßnahmen angedroht.

Die fünf Grundschulen hatten den betroffenen Eltern mitgeteilt, dass bei einem weiteren Unterrichtsboykott die Kinder mit Zwang zur Schule gebracht werden. Voraussichtlich bereits in der kommenden Woche wollen Vollzugsbeamte die Eltern direkt an der Haustür zum Schulbesuch der Kinder auffordern.
Wenn der Schulbesuch weiterhin verweigert wird, droht den Eltern ein Durchsuchungsbefehl, der mit Amtshilfe der Polizei vollstreckt werden soll. Ob die Kinder im Grundschulalter in den Häuser angetroffen werden, ist allerdings fraglich.
Gleichzeitig werden die Einsprüche der Eltern gegen die 30 Bußgeldbescheide über jeweils 250 Euro vom Kreis Paderborn an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, um die Vollstreckung zu erwirken. Wenn die Kinder dann immer noch nicht zur Schule gehen, wird der Kreis nochmals ein Bußgeld verhängen, so die eindeutige Absichtserklärung von Kreisdirektor Heinz Köhler. Irgendwann, so die Absicht der Behören, hofft man dann auf ein Einlenken der Eltern.
Das rigorose und unnachgiebige Vorgehen des Kreises Paderborn stößt nur wenige Kilometer weiter auf völliges Unverständnis: Im Kreis Lippe unterhält der Christliche Schulverein Lippe vier private Schulen, allein in Detmold gehen 1400 baptistische und mennonitische Kinder zur staatlich anerkannten August-Hermann-Francke-Grund- und -Gesamtschule. Der Leiter der August-Hermann-Francke-Gesamtschule, Dr. Gerd Tilly, würde den Eltern auch die Bildung von Fahrgemeinschaften anbieten, um deren Kindern einen Schulbesuch an einer christlichen Schule zu ermöglichen. Tilly: »Die Eltern haben eine Gewissensnot und sind keine Fundamentalisten. Kein Staat hat das Recht der Eltern zu bestreiten, ihren Glauben leben zu dürfen.«
An den christlichen Schulen werden, so Tilly, auch sämtliche staatlich vorgegebenen Unterrichtsinhalte wie Sexualkunde oder Evolutionstheorie vermittelt, diese werden jedoch an die Glaubenbedürfnisse von Schülern und Eltern angepasst. So herrscht im Sexualkundeunterricht Geschlechtertrennung.
Vor vier Jahren hatte es einen Vorstoß des Vereins gegeben, auch in der Stadt Paderborn eine christliche Schule zu errichten. Beim Regierungspräsidenten in Detmold wurde das Vorhaben aber nach Rücksprache mit dem Land bereits in Vorgesprächen abgelehnt. Begründung: In Paderborn sei bereits eine Bekenntnisschule vorhanden, eine weitere sei damit rechtlich nicht zulässig.

Artikel vom 22.01.2005