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Kliniken kassieren schlampig

Praxisgebühr wird nicht in bar gefordert - 180 000 säumige Patienten

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Die meisten der mehr als 2000 Krankenhäuser in Deutschland »schludern« beim Kassieren der Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro. Diesen Vorwurf hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) am Freitag erhoben.

Mindestens 40 Prozent der Patienten, die ihre Praxisgebühr nicht sofort zahlen, entfielen auf den Krankenhausbereich, sagte KBV-Sprecher Roland Stahl dieser Zeitung. Gegenüber den Arztpraxen sei die Zahl der säumigen Zahler in den Kliniken gemessen an der Patientenzahl somit wesentlich höher. Während es in den Arztpraxen pro Quartal 30 Millionen Fälle gebe, in denen die Praxisgebühr fällig werde, seien es in den Kliniken pro Quartal nur fünf Millionen Fälle. Insgesamt hätten im vergangenen Jahr 450 000 Patienten die Gebühr nicht gezahlt, 180 000 allein in Kliniken. Für Ärzte und Ärzteverbände betrage der Schaden 10,1 Millionen Euro.
Vor allem in den Notfallambulanzen der Kliniken werde die Gebühr nicht in bar verlangt, auch wenn der Patient zahlungsbereit sei, erklärte KBV-Sprecher Stahl. Den Kranken werde lediglich eine Zahlungsaufforderung in die Hand gedrückt. Diese Patienten würden dann den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) als säumige Zahler gemeldet und der Verwaltungsaufwand von den Krankenhäusern auf die Kassenärztlichen Vereinigungen verlagert. Dies könne nicht weiter hingenommen werden, sagte Stahl.
Auch die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Karin Hamacher, bezeichnete die Kliniken mit Blick auf das Kassieren der Praxisgebühr als das größte Problem. Hier habe es schon »deutliche Post an die schwarzen Schafe« gegeben. Von den bisher 42 448 säumigen Zahlern im Gebiet Nordrhein hätten 5610 falsche Personalien angegeben. Die meisten dieser Fälle beträfen Kliniken, wo Patienten die Zahlungsaufforderungen selbst ausfüllen mussten. In Westfalen-Lippe hat die KV bisher 17 000 Mahnungen verschickt.
Im Gegensatz zu Schleswig-Holstein planen die Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe aber nicht, die Praxisgebühr auf 14 Euro zu erhöhen, wenn sie erst später gezahlt wird. Eine solche Lösung sei rechtlich nicht zulässig, sagte Hamacher. Den niedergelassenen Ärzten sei bereits vom Gesetzgeber verwehrt worden, pro zehn Euro eine Verwaltungsgebühr von einem Euro zu erheben.
In Schleswig-Holstein soll die zusätzliche Verwaltungsgebühr vom 1. Februar an erhoben werden. Robert Quentin, Sprecher der KV Schleswig-Holstein: »Wird innerhalb von zehn Tagen nicht gezahlt, ist zusätzlich eine Mahngebühr in Höhe von 3,90 Euro fällig.« In Schleswig-Holstein entfielen 9000 der 16 000 säumigen Zahler auf die Kliniken. Hier seien vor allem Uni-Kliniken betroffen. Die allgemeine Zahlungsmoral der Patienten sei gut, denn in 85 bis 90 Prozent der Arztpraxen gebe es keine Probleme, sagte Quentin.

Artikel vom 22.01.2005