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Mit Pop-Poeten auf
Zeitreise in die 80er

Regener stellt sein »Neue Vahr Süd« in Bielefeld vor


Von Thomas Bertz
Bielefeld (WB). Locker und leicht kam Sven Regener zur Lesung auf die Bühne geschlendert. Mit einer weiten, grünen Kapuzenjacke bekleidet, ein grünes heimisches Bier in der einen, seinen aktuellen Roman »Neue Vahr Süd« in der anderen Hand betrat er den mehr als gut gefüllten »Ringlokschuppen«. Auch wenn der Großteil des Publikums den 581 Seiten starken Roman bereits gelesen hatten, zog Regener die gut 1 000 Fans mit der Geschichte des jungen Frank Lehmann in seinen Bann.
Dabei fehlten jegliche Show-Elemente im Auftritt des 44-Jährigen. Ein schwarzes Pult samt Mikro, das Buch und seine Stimme mehr brauchte der Sänger der Band »Element of Crime« nicht. Eine kurze Begrüßung und dann ging es schon die Tiefen des Textes, mitten hinein in die wilden 80er Jahre in Bremen. Denn dort spielt Regeners zweiter Roman »Neue Vahr Süd«, der beschreibt, wie das weitergeht, was in Regeners Debütroman »Herr Lehmann« inhaltlich begann.
Bei den kleinen Zwischenmoderationen und der Begrüßung wirkte Regener etwas lustlos, doch vielleicht ist ihm der Rummel um seine Person einfach nur peinlich. In dieses Bild passt es, dass er sich etwa während der Lesung ständig nervös an die Brille fasste. Trotzdem: Sobald der Autor aus seinem Buch vorlas, drehte er auf, war kaum wiederzuereknnen. Volle Stimme, voller Körpereinsatz, volle Emotion. So entwickelte sich ein spannendes und witziges Hörerlebnis, für das Regener mehr lieferte als die textliche Grundlage.
Frank Lehmanns Erlebnisse in der Kaserne, in die er eigentlich gar nicht wollte, oder die teils chaotischen Zusammenkünfte mit seinen Freunden, die sich in der Bremer Neubausiedlung Neue Vahr Süd durchschlagen und ganz nebenbei für die proletarische Weltrevolution kämpfen: All das hat Regeber herrlich skuril beschrieben. Der Roman »Neue Vahr Süd« ist eben ulkig und kultig, wenn auch manchmal etwas langatmig. Die Vortragsweise von Sven Regener half jedoch über diese Klippen hinweg. Das Berliner Stadtmagazin »Zitty« dürfte wohl Recht haben, als es über Regener schrieb, dass er der »feinste Pop-Poet des deutschen Sprachraums« sei. Das unterstrich Regener jetzt in Bielefeld.

Artikel vom 24.01.2005