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Drei Jahre Haft und die
Therapie angeordnet

Suchtkranker erhielt Todesspritze

Bielefeld (uko). Die Verbüßung von zwei Freiheitsstrafen von insgesamt drei Jahren Dauer drohen dem alkohol- und drogenabhängigen Peter S. Dieses Urteil hat am Donnerstag das Landgericht verkündet, das zudem die Unterbringung des 38-jährigen Bielefelders anordnete. S. wurde für den Tod des schwerkranken Alkoholikers Olaf G. in einer städtischen Unterkunft verantwortlich gemacht. Die Richter werteten die Tat als fahrlässige Tötung unter unerlaubter Verabreichung von Drogen.

Damit ging gestern ein spektakulärer Prozess weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Ende. Zu klären war der tragische Tod eines Suchtkranken, dem im Alkoholrausch von 4,12 Promille eine Heroinspritze verabreicht worden war. Am 17. Juli 2002 war es zu dem tragischen Vorfall in einer Unterkunft an der Westerfeldstraße gekommen. Beteiligt waren das spätere Opfer, der Angeklagte sowie der Mitbewohner Heinz-Wilhelm M. Dieser Mann hatte sich als Zeuge vor Gericht mit dem zweifelhaften Können gebrüstet, täglich sieben Falschen Weizenkorn vertilgen zu können.
Als Olaf G. an jenem Nachmittag randvoll mit Alkohol in dem Heim erschienen war, hatte er von S. Heroin gekauft. Selbst war G. indes nicht mehr in der Lage, sich die Injektion zu setzen. Das hatte Peter S. übernommen. Peter S. habe »die Gefahr verkannt«, die dem Bekannten dadurch gedroht habe, merkte gestern Kammervorsitzende Jutta Albert an. Olaf G. war kurze Zeit später ohnmächtig geworden und verstorben.
Der Rechtsmediziner Dr. Gerhard Fechner erklärte unmissverständlich, beide Gifte hätten zusammen zum Tode geführt. Albert: »Die Kausalität ist ohne jeden vernünftigen Zweifel zu bejahen.« Peter S. habe schließlich die Wirkung von Alkohol und Drogen falsch eingestuft, er habe damit leichtfertig gehandelt.
Zudem hatte der Mann in den Jahren 2003 und 2004 mit Heroin und Haschisch gehandelt. Wegen eines zwischenzeitlichen anderen Urteils wurden nun Strafen von zwei und von einem Jahr verhängt. Umstritten war allein die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Staatsanwältin Dagmar Heckmann und Verteidiger Georg Schulze hatten diese Maßregel unisono verneint. Nicht so die Richter: Weil allein eine Therapierung des Mannes nie versucht worden sei, müsse nun die Chance ergriffen werden, meinte Albert. Obendrein hatte Peter S. eine »gewisse Therapiebereitschaft erkennen lassen«. Der Angeklagte hatte letztlich erklärt, mit einer therapeutischen Wohngruppe zusammenzuarbeiten.
Peter S. konsumiert seit seinem zwölften Lebensjahr Haschisch, mit 20 Jahren spritzte er sich erstmals Heroin. Seit Jahren befindet sich der Mann ununterbrochen im Methadonprogramm, ihm werden also Ersatzdrogen per Krankenschein verschrieben. Da S. daneben Haschisch als unverzichtbaren Lebensinhalt ansehe, müsse man von weiteren Straftaten ausgehen, damit er seinen Konsum finanzieren könne, folgerte Jutta Albert.
Damit bestehe auch die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten, die Unterbringung sei eine nötige Konsequenz. Sofern sich der Süchtige jedoch zu einer Therapie in einer Wohngruppe einfinde, könne gegebenenfalls die Vollstreckung der Strafe ausgesetzt werden.

Artikel vom 21.01.2005