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Märklin setzt auf Belohnung

Nach Diebstahl einmaliger Modelleisenbahnen 200 000 Euro ausgelobt

Göppingen (AP). Drei Tage nach dem Millionen-Coup beim Modelleisenbahnhersteller Märklin fehlte gestern weiter jede brauchbare Spur von den Tätern. Sie hatten 150 historische Exponate erbeutet.
Märklin-Chef Paul Adams mit dem »Storchenbein«.
Fünf Kripobeamte ermitteln inzwischen, berichtete der Sprecher der Polizei Göppingen, Uli Stöckle. Märklin setzt auf die Wirkung der 200 000 Euro Belohnung, um die wertvollen Loks, Waggons, Schiffsmodelle und Prototypen wiederzubekommen. Den Wert der historische Stücke beziffert das Unternehmen auf mehr als eine Million Euro. »Der materielle Wert ist verschmerzbar«, sagte Unternehmenssprecher Roland Gaugele. »Uns ist ein Stück unserer Geschichte gestohlen worden.«
Der Beginn der Märklin-Geschichte als Modellbahnhersteller wird auf 1891 datiert, als die erste Bahn in einer Größe vorgestellt wurde, die der heutigen Spur 1 (Maßstab 1:32) entspricht. Aus diesem Jahr stammt auch eines der kostbarsten Exponate, die Dampflok »Storchenbein«, die die Diebe haben mitgehen lassen. Gaugele erzählte, dass er diese Lok wie auch einige andere eigentlich in der derzeit laufenden Ausstellung »Mythos Märklin« in Wien habe zeigen wollen, sich dann aber entschlossen habe, dort nur einen Nachbau zu präsentieren, weil er sich gedacht habe: »Hier in Göppingen ist sie am sichersten.« Laut Gaugele ist das Museum, das jährlich von mehr als 200 000 Personen besucht wird, »eigentlich optimal gesichert.« Nachts sei aber die Kameraüberwachung immer ausgeschaltet gewesen.
Gestohlen wurden auch alle im Museum gezeigten Bestände der Spur 0, die Märklin von 1895 bis 1954 produzierte, »bis auf einen Tender, den haben sie vergessen«. Große Spielzeugschiffe aus der Kaiserzeit, die erst vor wenigen Jahren aus Sammlerbeständen auftauchten, ließen die Diebe ebenso mitgehen wie »Krokodile« aller Größen, Nachbauten einer berühmten Schweizer Gebirgslok, die seit den 30er Jahren ein Märklin-Klassiker sind. Unter ihnen sind auch echte Unikate wie ein Handmuster aus Messing von 1947 oder ein aufgeschnittenes Modell, das die aufwendige Antriebstechnik zeigt.
Für das Unternehmen ist der Einbruch mit einem Kunstraub vergleichbar. Für historisches Blechspielzeug, das meiste stammt aus der Produktion von Märklin, gibt es einen großen Markt. Kaum jemand glaubt allerdings, dass die aktuelle Beute auf dem Sammlermarkt abzusetzen ist. Märklin hat eine komplette Liste der gestohlenen Objekte und die ersten Bilder bereits ins Internet gestellt, damit die Fans beim Suchen helfen.
Die Täter hatten laut Gaugele gute Kenntnisse der Lage. Sie bohrten mit schwerem Gerät von außen ein Loch in die Notausgangstür, um so an den nur von innen zu bedienenden Türgriff zu kommen. www.maerklin.de

Artikel vom 21.01.2005