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Kohlschreiber will weiter siegen

Der Durchbruch des Bamberger Tennis-Profis wird seit Jahren erwartet

Melbourne (dpa). Die deutschen Tennis-Talente stellen die Etablierten bei den Australian Open in den Schatten: Nach Anna-Lena Grönefeld zog auch Philipp Kohlschreiber erstmals in die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers ein und steht als einziger der acht deutschen Herren unter den letzten 32.
Der 21 Jahre alte Bamberger profitierte bei einer 6:0, 2:0-Führung zwar von der Aufgabe von Chiles Doppel-Olympiasieger Nicolas Massu, verkündete aber nach dem Sieg selbstbewusst: »Ich habe von Anfang an sehr gut gespielt und hätte auch dann eine gute Chance gehabt, wenn er im Top-Zustand gewesen wäre.«
Der nächste Gegner Jean-René Lisnard soll morgen nicht Endstation für Kohlschreiber sein, obwohl er dem 25-Jährigen beim bisher einzigen Vergleich in St. Petersburg unterlag. Der Qualifikant aus Frankreich bezwang seinen renommierten Landsmann Sébastien Grosjean nach einem 0:2-Satzrückstand mit 1:6, 4:6, 6:3, 6:4, 6:3, musste für seinen nunmehr schon fünften Sieg in Melbourne aber weitere dreieinhalb Stunden lang arbeiten.
Dagegen stand Kohlschreibers Erfolg nach nur 41 Minuten fest, weil Massu ganz früh im Match einen stechenden Schmerz verspürte. Beim Stand von 1:0 und 30:30 ging der 25-Jährige nach einem Return sofort zu seinem Stuhl und ließ sich an seinem sowieso schon stark bandagierten linken Fuß behandeln. Nach einer Leistenoperation Ende November hatte Massu vorige Woche beim Einladungsturnier in Kooyong wegen Beschwerden im Fuß vorsorglich aufgegeben, am Dienstag überstand er ohne Probleme sein vierstündiges Erstrunden-Match.
Kohlschreiber ließ sich durch Massus Blessur nicht von seiner Linie abbringen. Dafür spendete Daviscup-Teamchef Patrik Kühnen Lob: »Das hat er cool ausgenutzt. Er war emotionslos und abgebrüht.« Unter schwierigen Umständen zu siegen, fiel Kohlschreiber nach eigenen Worten bisher noch schwer. »Man muss irgendwie ein kleiner Schauspieler werden, wenn was zwickt und nicht den Gegner aufbauen, sondern taff sein«, sagte Kohlschreiber, der sich in diesem Jahr von Platz 102 auf Rang 50 der Weltrangliste verbessern will und in Melbourne jetzt schon 26 800 Euro verdient hat.
Angst habe er vor niemandem - bis auf den überragenden Roger Federer vielleicht. »Nummer eins kann nur einer sein, mit Nummer zwei wäre ich auch schon ganz zufrieden«, sagte Spätzünder Kohlschreiber, von dem die Experten schon seit Jahren den Vorstoß in die Elite erhoffen. Bei der Daviscup-Niederlage in der Slowakei hatte Kühnen ihn dabei.
Von den Favoriten hatte Lleyton Hewitt einige Schwierigkeiten ui überstehen. Nach dem Verlust des ersten Satzes gegen den Amerikaner James Blake gewann der Lokalmatador nach Abwehr zweier Satzbälle den zweiten Durchgang mit 10:8 im Tiebreak. Von da an war der Weg frei für Hewitt, der das Match mit 6:0, 6:4 abschloss.

Artikel vom 21.01.2005