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»Bürgerversicherung ist überlegen«

Fachleute vergleichen das SPD-Modell mit dem Prämienmodell der Union

Von Reinhard Brockmann
Dortmund (WB). Das SPD-Modell einer Bürgerversicherung ist nach Berechnungen des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (vdak) dem Prämienmodell der Union überlegen. Die Ersatzkassen lehnten Kopfprämien ab, unterstützten aber zumindest Grundelemente der Bürgerversicherung.

Das sagte Birgit Mickley gestern in Dortmund für den vdak-Landesverband Westfalen-Lippe. Bei Einzelregelungen des SPD-Modells gäbe es allerdings noch Diskussionsbedarf.
Während das Unionsmodell Prämien für alle auch heute schon Gesetzlich Versicherten (GKV) vorsieht, wollen SPD und Grüne die Zahl der Beitragszahler erhöhen. Das geschieht durch eine schrittweise Abschaffung der Privaten Krankenversicherung für Beamte, Freiberufler und Besserverdiener. Außerdem sollen Kapitaleinkünfte (in zwei Varianten) und bei den Grünen auch Mieten und Nebenjobs abgabepflichtig werden.
Der Beitragssatz sänke dann in Prozentpunkten wie folgt: Bislang privat versicherte Spitzenverdiener minus 0,6, Einbeziehung der Beamten in die GKV minus 0,3, Selbständige minus 0,2, Sozialhilfeempfänger zuzüglich 0,2 Punkte. Die Einbeziehung der Kapitaleinkünfte brächte zwischen 0,2 und 0,5 Punkten. Die Dämpfungseffekte treten nach Einschätzung der Experten erst über viele Jahre ein. Durch Einbeziehung der genannten Gruppen könne der Anstieg des Kassensatzes bis 2050 auf 15 Prozent begrenzt werden.
Das Kopfprämienmodell der CDU geht von einer variablen Prämie aus. Die meist genannte Summe von 169 Euro entspricht dem gegenwärtigen durchschnittlichen Kassensatz von 14,1 Prozent. Er kann also steigen oder sinken. Die Prämie soll von jedem der gesetzlich versicherten Erwachsenen erhoben werden.
Dabei gibt es zwei Zuschüsse. Erstens eine Prämie von 60 Euro, die durch die Arbeitgeber aber auch die Rentenversicherung über ein »Sondervermögen beim Finanzamt« eingebracht wird. 109 Euro trägt der Versicherte zur Kopfprämie bei, sofern er mindestens 1550 Euro verdient. Ist sein Einkommen geringer, gibt es einen zweiten Zuschuss. Für Kinder zahlt der Staat nach dem CDU-Modell die Prämien.
Der Arbeitgeberbeitrag bleibt fest bei 6,5 Prozent und das, obwohl ein beschäftigungswirksamer Effekt zunehmend in Frage gestellt wird - inzwischen auch in der Union. Der vdak kommt in seinen Berechnungen zu einer weit stärkeren Unterdeckung der jährlichen Gesundheitskosten als die CDU-Fachleute. Der Verband geht bei den Einnahmen durch Versicherte von 7 Milliarden Euro Defizit aus. Die Union will diese Lücke etwa hälftig durch die Streichung von Vorsorgeleistungen und anderen Kassen-Besonderheiten schließen.
Insgesamt kommt Fachfrau Birgit Mickley sogar auf eine Unterdeckung von 14,6 Milliarden. Sollte die beabsichtigte Steuersenkung auch noch die Gegenfinanzierung unterlaufen, käme ein Minus von 22,1 Milliarden Euro zustande.
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Artikel vom 20.01.2005