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Rolle rückwärts »hilft« auch
beim Schreiben lernen

In Braker Grundschule haben Erstklässler täglich Sport

Von Burgit Hörttrich (Text)
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). »Die Kinder kommen mit großer Begeisterung zur Schule und haben erkennbare Fortschritte gemacht - nicht nur im Sport,« freut sich Ulrich Zimmer, Leiter der Grundschule Brake. Seit Jahresbeginn hat die Schule im Rahmen eines landesweiten Modellprojektes täglichen Sportunterricht auf den Stundenplan der Erstklässler gesetzt.

Das heißt: Fünfmal pro Woche wird geturnt, getobt, gelaufen, gespielt. Die Folgen, so Zimmer, seien bereits erkennbar: »Die Kinder nehmen auch in den anderen Fächern konzentrierter am Unterricht teil.«
Fünfzehn Schulen in Nordrhein-Westfalen, drei davon im Regierungsbezirk Detmold und mit der Grundschule Brake eine in Bielefeld, nehmen an dem Modellversuch teil. Zimmer, nicht nur Schulleiter, sondern auch Präsident des Sportbundes Bielefeld, betont: »Mit der Dreifach-Sporthalle und den Außensportanlagen haben wir gute räumliche Voraussetzungen.«
Und auch personell stehe die Schule gut da: mit immerhin elf Lehrern, die Sportunterricht geben (Sportlehrbefähigung). Denn das sei entscheidend, so Zimmer: »Die Kinder sollen nicht nur irgendwie bewegt, sondern durch ein Fachkraft unterrichtet werden.«
Im Vordergrund des täglichen Sportunterrichts - das Prinzip soll nach und nach auf alle Grundschuljahrgänge ausgeweitet werden - stehe nicht in erster Linie die Förderung von angehenden Leistungssportlern, nicht die »Erziehung zum Sport«, sondern eine grundsätzliche Entwicklungsförderung. Zimmer betont: »Die Förderung des Wahrnehmungssystems, der Motorik - das steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entwicklung der Intelligenz.« Wissenschaftlich begleitet wird das Modellprojekt von der Universität Dortmund; und obwohl nach gerade einmal einem halben Schuljahr noch keine endgültigen Ergebnisse vorliegen können, weiß Zimmer von seinen Lehrerkollegen an der Schule: »Die Erstklässler sind ruhiger im Unterricht, hören besser zu und lernen deshalb auch mehr.« Im Sportunterricht sowieso: Radschlagen, Handstand machen, Rolle vorwärts und rückwärts seien für die Erstklässler kein Problem. Dabei haben Untersuchungen ergeben, dass ein Großteil der Mädchen und Jungen, die eingeschult werden, kaum einen Ball fangen oder über einen Balken balancieren können.
Zimmer weiß, dass Kinder, die in Vierteln aufwachsen, in denen sie wenig Platz zum Spielen finden, mitunter große Probleme mit der Motorik haben: »Bei vielen konzentriert sich Wahrnehmung allein noch über Auge und Ohr.« Für die Grundschule Brake sei die tägliche Sportstunde - Vorschrift sind eigentlich drei Stunden pro Woche - ein Erfolg, aber übertragbar auf alle Schulen sei dies wohl nicht ohne weiteres: »Andere Schulen haben Raumprobleme; und ins Schwimmbad auszuweichen, ist auch nicht immer möglich.«

Artikel vom 20.01.2005