20.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Casino-Vize vor Gericht

Sagte Spielbank-Manager als Zeuge die Unwahrheit?

Von Christian Althoff
Bad Oeynhausen (WB). Der stellvertretende Direktor des Spielcasinos Bad Oeynhausen muss sich am 1. Februar vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat Conrad S. wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt.

Hintergrund des Strafverfahrens ist eine Auseinandersetzung zwischen der Casino-Leitung und dem Betriebsrat der Spielbank.
Die Gehälter der etwa 120 Casino-Mitarbeiter werden aus dem Trinkgeld der Spieler finanziert, dem sogenannten Tronc. Je nach Berufserfahrung und Tätigkeit ist jedem Angestellten ein Punktewert zugeteilt, der seinen Anteil am Tronc bestimmt.
Da bei diesem System die Neueinstellung von Mitarbeitern Auswirkungen auf die Gehälter der übrigen Angestellten hat, enthält der Haustarifvertrag eine Schutzklausel: Neue Mitarbeiter, die nicht bereits einer der drei NRW-Spielbanken (Bad Oeynhausen, Dortmund und Aachen) angehören, sind mit einem Einstiegswert von acht Punkten am Tronc beteiligt, der einem Nettogehalt von 900 bis 1100 Euro entspricht.
Als Conrad S. zwei Mitarbeiter aus Berliner Casinos einstellen und ihnen erheblich höhere Punktwerte zubilligen wollte, kam es zur Konfrontation mit dem Betriebsrat. Der fürchtete eine Verschiebung des Gehalts- und Beförderungsgefüges innerhalb des Casinos und und verweigerte seine Zustimmung zur Einstellung.
Die Geschäftsführung klagte vor dem Arbeitsgericht in Minden, um sich dort die Zustimmung zur Einstellung der beiden neuen Kräfte zu holen. Doch das Gericht schloss sich der Argumentation des Betriebsrates an. Deshalb reichte die Spielbank Beschwerde beim Landesarbeitsgericht in Hamm ein - und verlor erneut. In Hamm hatte Conrad S. überraschend vorgetragen, der Betriebsrat habe sich seinerzeit nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist von sieben Tagen zu der Personalmaßnahme geäußert. Deshalb habe das Casino die neuen Mitarbeiter einstellen dürfen. Von einem Fristversäumnis des Betriebsrates war allerdings in der ersten Instanz überhaupt noch nicht die Rede gewesen. Deshalb erstattete der Betriebsrat gegen Conrad S. Strafanzeige - wegen uneidlicher Falschaussage vor dem Landesarbeitsgericht. Conrad S. wollte sich gestern zu dem Vorwurf nicht äußern. Auch eine Sprecherin seines Arbeitgebers, der Westspiel-GmbH in Münster, lehnte eine Stellungnahme ab.
61 000 Gäste haben 2003 in Oeynhausen im klassischen Bereich gespielt, 142 000 im Automatensaal. Sie steigerten den Bruttospielertrag des Casinos um 1,1 Prozent auf 28,6 Millionen Euro, zahlten aber weniger für die Angestellten. Der Tronc brach so stark ein, dass die Gehälter um mehr als zehn Prozent gesunken sein sollen.

Artikel vom 20.01.2005