20.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Geldverschwendung stoppen«

Widerstand gegen Verlagerung der Schulaufsicht auf die Kreise wächst

Von Ernst-Wilhelm Pape
Detmold (WB). Die von der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen geplante Verlagerung der Lehrerpersonalverwaltung und der Schulaufsicht von den fünf Bezirksregierungen auf die 54 Kreise und Großstädte stößt auf immer größeren Widerstand.

Der Verband der Landesbeamten, -angestellten und -arbeiter im Deutschen Beamtenbund hat das Vorhaben angesichts der prekären Finanzlage des Landes gestern als »reine Geldverschwendung« bezeichnet. Eine Zersplitterung der Schulaufsicht auf 54 Schulämter führe zwangsläufig mindestens zu einer Verdoppelung der Kosten.
Die Aufgabenverlagerung soll im neuen Schulgesetz geregelt werden. Über das Gesetz berät der Landtag in Düsseldorf am 26. und 27. Januar. Der Hauptpersonalrat im NRW-Innenministerium und die Personalräte der Bezirksregierungen haben bereits vor Schnellschüssen gewarnt und gefragt, ob 54 Schulaufsichten Kinder und Jugendliche wirklich schlauer machten. Nach Angaben von Michael Schrader, Vorsitzender des Hauptpersonalrates, betragen die Personalverwaltungskosten pro Lehrer in einem einwohnerstarken Kreis 308 Euro. Bei der Bezirksregierung fielen hingegen lediglich Kosten in Höhe von knapp 100 Euro für die gleichen Leistungen an. Bei der Bezirksregierung in Detmold sind 83 Euro, in Münster 95 Euro errechnet worden. Daran werde der hohe Professionalisierungsgrad der Bezirksregierungen deutlich, sagte Schrader. Offenkundig sei auch, dass eine Verlagerung der Schulaufsicht zwangsläufig ein deutliches Mehr an Personal erfordere.
Bei den Kreisen in Ostwestfalen-Lippe wurde ein Wert von 204 Euro pro Lehrer errechnet. Je nach Kreis im Lande könnten sich die Personalkosten sogar verdreifachen.
Die Personalverwaltung der Lehrer an Grund-, Haupt- und Sonderschulen wird bereits von den Schulämtern der Kreise und Großstädte wahrgenommen. Für die weiterführenden Schulen sind die Bezirksregierungen zuständig. Für die Personalverwaltung der Lehrer sind in den Bezirksregierungen 325 Mitarbeiter zuständig und bei den Schulämtern 285.
Die Kosten für die Personalverwaltung betragen derzeit landesweit 29 Millionen Euro. Nach dem Entwurf des neuen Schulgesetzes erhöhen sich diese Kosten auf 48 Millionen Euro. Nach dem sogenannten Detmolder Modell, erarbeitet von der Bezirksregierung in Detmold, könnten die Kosten auf 22,6 Millionen Euro gesenkt werden, wenn die Personalverwaltung komplett auf die Bezirksregierungen übertragen wird. Das Detmolder Modell liegt der Landesregierung bereits zur Prüfung vor.
Bei einer Verlagerung der Schulaufsicht auf die Schulämter ergibt sich nach einem Kienbaum-Gutachten ein Mehrbedarf von 403 auf 503 Stellen. 100 zusätzliche schulfachliche Aufsichtsbeamte seien dann notwendig. Ferner gebe es bei der derzeitigen Struktur der Personalräte ein Mehrbedarf von 150 Stellen.
Auch die ehemalige NRW-Schulministerin Gabriele Behler (SPD) aus Bielefeld hat sich gegen die Abschaffung der staatlichen Schulaufsicht ausgesprochen. Wenn die unterrichtsfachliche Kompetenz in jedem Schulamt abgebildet werde, ergebe sich eine solche Explosion der Kosten, dass dies schon aus finanzpolitischen Gründen nicht vertretbar und auch nicht realisierbar wäre, betonte Behler. Knappe staatliche Ressourcen würden verzettelt, unwirtschaftlich eingesetzt und die Kosten deutlich erhöht. Ferner bestehe die Gefahr einer erheblichen lokalen Politisierung von Schule.
Nach Angaben von Schulminister Ute Schäfer (SPD/Lage) müssten Schulaufsicht und Personalverwaltung modernisiert werden, da die Schulen immer selbstständiger würden. Eine Verlagerung auf die kommunale Ebene bedeute mehr Qualität, mehr Ortsnähe und mehr Beratung, sagte Ministeriumssprecher Ralph Fleischhauer dieser Zeitung.

Artikel vom 20.01.2005