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Konserviertes Lebensgefühl

Fotografien von Kirsten Heuschen und Stephan Sasek im Bunker


Bielefeld (uj). Dass die Wahrnehmung der so genannten Wirklichkeit sehr stark von Gefühlen und subjektiven Befindlichkeiten abhängt, ist nicht neu. Die künstlerische Thematisierung und Visualisierung des Phänomens zwar auch nicht. Nichts desto trotz bietet sie Künstlern immer wieder ein reizvolles Terrain. Unter dem Titel »Gefühlte Orte« haben sich Kirsten Heuschen und Stephan Sasek fotografisch mit dem Thema Wahrnehmung und Wirklichkeit auseinander gesetzt. Die Werke der beiden Studierenden sind noch bis zum 21. März im Bunker Ulmenwall zu sehen.
Kirsten Heuschen lebte lange Jahre in Berlin, bevor sie zum Studium nach Bielefeld kam. Fasziniert von der Stadt der Kontraste, fotografierte die 29-Jährige Postkartenmotive, die ein anderes Berlin zeigen. Nicht die beliebten Touristenziele und Aushängeschilde der Hauptstadt, sondern das Umfeld und die Lebenswirklichkeit der dort lebenden Menschen: Bunte Kioske, wild plakatierte Wände und Hinterhöfe stehen für Nostalgie, Aufbruch und ein ganz spezielles Lebensgefühl. »Ein Freund von mir wollte Postkarten erstellen, die genau dieses Lebensgefühl transportieren, und bat mich um passende Bilder«, erzählt Kirsten Heuschen. Das Postkartenprojekt wurde mangels Kapital wieder zu Grabe getragen. Geblieben sind gut ein Dutzend Farbfotografien von morbidem Charme.
Was bleibt vom Charme der Urlaubsorte, wenn sie nach Saisonende verlassen sind, wollte Stephan Sasek (31) wissen und richtete sein fotografisches Augenmerk auf verlassene Strandabschnitte, Cafés, Ferienparks und Feriendomizile. Mit erstaunlichem Ergebnis: Denn Urlaubsstimmung lassen seine in Les Issambres, Côte d'Azur, aufgenommenen Fotos wahrlich nicht aufkommen. Ohne gleißende Mittelmeer-Sonne und Touristen in Bermuda-Shorts wirken auch blühende Agaven merkwürdig kühl. Die Fotoserie überzeugte auch die Aufnahmekommission an der hiesigen Fachhochschule für Gestaltung. Mittlerweile studiert der gelernte Industriemechaniker im dritten Semester.

Artikel vom 19.01.2005