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Bruno geht schon lange
nicht mehr in die Luft

Werbe-Ikone ging mit dem Tabakwerbeverbot in Rente

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld (WB). Die Seelenverwandtschaft war immer unverkennbar. Donald Duck und Bruno verzweifelten oft an den Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens - und gingen deswegen regelmäßig in die Luft. Bruno? Ja, Bruno, das sympathische HB-Strichmännchen, dass 1959 das Licht der Werbewelt erblickte und längst in Rente gegangen ist. Grund dafür waren vor allem die Tabakwerbeverbote, die aufgrund der immer neuen Erkenntnisse über die Gesundheitsgefahren des Rauchens eingeführt wurden.

Er war eine Institution in der Werbung. Ähnlich wie die Ariel Clementine oder der Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer. Der gelb »behemdete« Bruno mit seinem enormen »Riechkolben« erfreute Zuschauer in den Kinos und vor den Bildschirmen mit seinen Abenteuern.
Vier Jahre nach Gründung der Zigarettenmarke, die in diesem Jahr den 50. Geburtstag feiert, war es Zeichner Roland Töpfer, der den späteren Werbehelden aufs Papier bannte. Statt Bruno hätte das Strichmännchen auch »Missgeschick« heißen können. Ähnlich wie bei Donald Duck waren es die Dinge des Lebens, die ihn zur schieren Verzweiflung brachten und schließlich »in die Luft gehen« ließen.
Ob im Schlauchboot unterwegs, mit dem Rasenmäher im Garten bei der Arbeit, im Urlaub, beim Autofahren oder bei Reparaturmaßnahmen im Haus - Fortschritt und Technik waren Welten, mit denen Bruno irgendwie auf Kriegsfuß stand. Sehr zur Freude der Zuschauer, die in insgesamt 500 unterschiedlichen Episoden schmunzelnd miterleben konnten, wie Bruno über seine für jeden so wunderbar nachvollziehbaren Missgeschicke vor sich hin schimpfte.
Das unverständliche Gegrummel konnte allerdings niemand verstehen. Wie auch? Schließlich war es arabisch - allerdings rückwärts aufgenommen und dazu noch in drei unterschiedlichen Geschwindigkeiten, um den Grad der Erregung zu unterstreichen, die sich in Bruno aufstaute.
Die führte letztlich immer wieder dazu, dass der liebe Kerl wie eine Rakete explodierte und in die Luft ging. Für die Lösung des Problems sorgte dann grundsätzlich das Männchen mit der HB-Krone auf dem Kopf und dem beruhigenden Satz: »Halt, mein Freund! Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Greife lieber zur HB. Dann geht alles wie von selbst...« Mit dem heutigen Wissen um die tödlichen Gefahren des Rauchens und dem entsprechenden Gesundheits-Bewusstsein wären Aussagen dieser Art ein Unding.
Ende der 60er Jahre aber war das halt anders. Bruno erreichte mit seinen Werbe-Auftritten einen Bekanntheitsgrad von sage und schreibe 96 Prozent in Deutschland. Werte, die vielleicht noch Coca-Cola oder der VW Käfer verbuchen konnten.
Natürlich war auch damals allgemein bekannt, dass Rauchen nicht gesund ist. Doch über die tatsächlichen Gefahren machten sich die Wenigsten Gedanken. Inzwischen prangen auf den Schachteln drastische Warnhinweise wie »Rauchen verursacht Krebs« oder »Rauchen kann tödlich sein«.
In einigen Ländern sind auf den Packungen zudem abschreckende Bilder gezeigt, auf denen Auswirkungen von Raucherkrankheiten zu sehen sind. Der volkswirtschaftliche Schaden, den der blaue Dunst Jahr für Jahr verursacht, liegt nach Expertenangaben bei 17 Milliarden Euro. Etwa 140 000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an den Auswirkungen des Tabakkonsums - das sind 380 pro Tag.
Auch eben wegen solcher Erkenntnisse musste Bruno 1972 seinen Fernsehabschied einreichen. Das Werbeverbot für Tabakwaren galt zuerst für die Mattscheibe. 1984 war dann auch die Kino-Kariere des Strichmännchens beendet.
Schade drum. Bruno war ein liebenswerter Kerl mit der richtigen Botschaft - fürs »falsche Produkt«. Vielleicht sollte er in einer neuen Rolle zurückkommen - wie wär's mit Werbeträger für Nikotinpflaster. . . 

Artikel vom 22.01.2005