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Das Unwort heißt »Humankapital«

Auch »Begrüßungszentren« und »Verschmutzungsrechte« gerügt


Frankfurt/Main (ddp). Manager und Unternehmensberater müssen sich ankreiden lassen, das Unwort des Jahres 2004 erfunden zu haben: Die gestern bekannt gegebene Wahl einer unabhängigen Jury fiel auf »Humankapital«.
Der Sprecher der sprachkritischen Aktion, der Frankfurter Professor Horst Schlosser, begründete die Entscheidung für »Humankapital« damit, der Begriff degradiere »Menschen überhaupt zu nur noch ökonomisch interessanten Größen«. Dabei hat er gegen den Terminus technicus nach eigenem Bekunden nichts einzuwenden, solange Fachsprache nur von den Fachleuten gesprochen werde. Aber da der schon oft vorgeschlagene Begriff, der auf den ersten Blick »nicht sehr aufregend« wirke, mittlerweile recht alltäglich sei, stelle er doch einen Fall von »zynischem Sprachgebrauch« dar.
Auf die erweiterte Liste setzte die Jury dieses Mal unter anderem eine Wortschöpfung von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD): »Begrüßungszentren« sei eine »sprachliche Verniedlichung von Auffanglagern für afrikanische Flüchtlinge«, kritisierte die Unwort-Jury. Das klinge, als ob Beamte Asylbewerber mit einem Glas Sekt empfingen, sagte Schlosser und verwies auf andere schönfärberische Wortbildungen wie »Ausreisezentrum« für Abschiebehaftanstalten.
Auf den dritten Platz kam »Verschmutzungsrechte«. Das Wort trägt nach Ansicht der Sprachexperten dazu bei, die Emission von Treibhausgasen für unbedenklich zu halten.
Für die Düsseldorfer Börsenmakler steht indes fest: »Seitwärtsbewegung« ist das Börsenunwort des Jahres 2004. Zur Begründung wird angeführt, dass dieser Begriff 2004 zwar häufig zur Definition der Marktsituation benutzt wurde, aber völlig unsinnig ist. Denn er beschreibt eigentlich das Gegenteil: Eine »Seitwärtsbewegung« an der Börse findet immer dann statt, wenn sich gerade nichts bewegt.

Artikel vom 19.01.2005