19.01.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Harald etwas ernster

Lästermaul Schmidt tritt seinen Dienst in der ARD an

ARD, 23.00 Uhr: Jetzt wird es ernst - für die ARD, die Zuschauer und für Entertainer »Harald Schmidt« selbst. Heute Abend tritt er zum regulären Dienst im Ersten an.

Zwei Mal die Woche, 64 Sendungen in diesem Jahr und mindestens bis Juli 2006, wird er eine halbe Stunde über alles herziehen, was ihm und »Chef-Dramaturg« Manuel Andrack im Wochenrückblick haften blieb. Dafür wird er auch bezahlt, und zwar nicht schlecht. Acht Millionen soll Schmidt für seine regelmäßigen Betrachtungen zur Lage der Nation erhalten. Im sächsischen Landtag, der Zünglein an der Waage zur Erhöhung der Rundfunkgebühr zum 1. April sein dürfte, wetterten Politiker, der Einkauf Schmidts sei zu hinterfragen.
Doch die Verträge stehen - zumindest im Großen und Ganzen. Die ARD weiß, was ihr Schmidt einbringt. Und Schmidt weiß das natürlich auch. Er findet seinen Vertrag völlig angemessen und ist sicher, dass der sich »schon vor der Unterzeichnung amortisiert hat«.
Nach Schmidts Gleichung sorgt er dafür, dass die ARD den »wirklich langweiligen« Uefa-Cup los wird. Egal was der Sender für die Rechte einst hinblätterte, »ich bin billiger«, postuliert er. Dazu komme der Pressewirbel, eine fest belegte Sendestrecke und Auftritte für Werbekunden. Langfristig sei das für alle eine »Win-win-win-win-Situation zum Quadrat«.
Dafür darf er in seiner Sendung die ARD auch durch den Kakao ziehen. Das macht sie ihm nicht schwer. Im Internet ließ der Senderverbund zu Harald Schmidt fragen »Hat ihn die Altersweisheit befallen? Ist er noch lustig? Wie hat er die langen Jahre in der kommerziellen Medienwelt ohne ARD durchgestanden?«. Damit ist der Sender natürlich weder originell noch lustig - aber für Schmidt wie geschaffen. Denn seinem Humor will der Schwabe künftig mehr Ernsthaftigkeit verleihen. Schon versprach er, daran hart zu arbeiten: »Nachhaltigkeit ist das Stichwort«, ironisierte er. Das neue, ernste Image könne man aber nicht von heute auf morgen etablieren. Dazu müsse er Stürme aushalten.
Aber ganz so anti fährt selbst Schmidt nicht. Nachdem die Hälfte der Deutschen laut Umfragen nach seiner Sendung am 23. Dezember über sein Outfit herzog, nahm er »für meine Mutter« Bart und Haare ab. Heute es also aus mit der Aura zwischen Harry Rowohlt und Elmar Gunsch. Dafür kehrt »Die Stimme« Nathalie Licard in den »Musikantenstadl der Parallelgesellschaften« zurück. Und auch der Sprecher des ARD-Verkehrsratgebers »Der siebte Sinn«, Egon Hoegen, ARD-Relikt einer versunkenen Epoche, soll bei Schmidt wieder zum Zuge kommen.
Thematisch wird es künftig ebenfalls um Ernstes gehen - um die Jubilare Schiller und Einstein, die Wahlkämpfe sowie um die Besuche von US-Präsident Bush und des Papstes in Deutschland - versprach Ironie-Papst Schmidt.

Artikel vom 19.01.2005