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Eltern fordern bessere Qualität des Unterrichts

350 Zuhörer bei Diskussion »Schule auf neuen Wegen« - Auch Gesellschaft ist gefordert

Bielefeld/Werther (dh). Es war wie bei der TV-Sendung »Zimmer frei«: Zum Abschluss des Diskussionsabends »Schule auf neuen Wegen«, zu dem die SPD-Ortsvereine Werther, Dornberg und Jöllenbeck am vergangenen Freitag in die Wertheraner Böckstiegel-Gesamtschule eingeladen hatten, stimmten die 350 Zuhörer mit grünen Karten dafür, dass NRW-Schulministerin Ute Schäfer wiederkommen darf. Nicht immer allerdings waren sich Publikum und Ministerin einig.

Über Themen wie offene Ganztagsschule, integrierte Eingangsstufe, zentrale Lernstandserhebungen und Abitur nach zwölf Jahren wurde in der voll besetzten Aula kontrovers diskutiert. Vor allem die Schulministerin, die gemeinsam mit dem Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann (Universität Bielefeld) auf dem Podium saß, musste sich einige kritische Fragen gefallen lassen. So bemängelte Gesamtschulleiter Werner Lakeberg, dass die Erziehungsaufgabe der Schulen immer größer werde, sie im Zuge der Reformen durch den Leistungsdruck aber zunehmend in den Hintergrund gerückt werde.
Eine Lehrerin fragte sich, wo die Schüler der beiden Jahrgänge, die 2013 Abitur machen werden, einen Studienplatz oder eine Lehrstelle bekommen sollen.
»Möglichkeiten der Entzerrung werden derzeit in Arbeitsgruppen geprüft«, erklärte Ute Schäfer. Doch auch die Schulministerin musste zugeben: »Das ist eine echte Herausforderung.« Anders ihre Auffassung zur Erziehungsaufgabe der Schulen: »Die Schule allein kann der Erziehung unserer Kinder nicht gerecht werden«, betonte die Ministerin. »Die Gesellschaft muss umdenken und erkennen, dass auch sie hier gefordert ist.«
Dass vor allem die Qualität des Unterrichts verbessert werden muss, betonte Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann: Ein Viertel der Schüler bekomme nicht ausreichend Kompetenz vermittelt. Als Gründe dafür nannte der Wissenschaftler den »langweiligen und wenig kreativen« Frontalunterricht, ein »Generationsproblem« in der Lehrerschaft sowie alte Selektionsmethoden wie Noten, das Sitzenbleiben und das Sortieren der Schüler in Schulformen.
»Es geht bei der offenen Ganztagsschule nicht um das Eintrichtern von Kompetenz, sondern um die Förderung von Kreativität und - für die Eltern - um die Vereinbarkeit von Kind und Beruf«, stellte Ute Schäfer klar.
Auch das Publikum griff die Gedanken des Wissenschaftlers auf und forderte eine Strukturdebatte. »Es ist unsere Pflicht, unsere Kinder in einem vernünftigen Schulsystem zu bilden«, betonte eine ehemalige Schülersprecherin. Doch weil diese Diskussion - genau wie die der vier geplanten Themen - wie so häufig in eineinhalb Stunden nicht zum Schluss kommen konnte, brach Moderator Dr. Gernot Graeßner (Universität Bielefeld) die Runde schließlich ab. So blieb zum Abschluss ausreichend Raum, um der Ministerin und dem Erziehungswissenschaftler im kleinen Kreis Fragen zu stellen und zu diskutieren.

Artikel vom 18.01.2005