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Aufschwung durch neue Messinglegierung

Bünder Unternehmen Hora setzt auf steigende Nachfrage nach Schraubklemmen aus Ecobrass

Von Jörg Schäfer
Bünde (WB). Wann das Hora-Werk in Bünde (Kreis Herford) den verdienten Lohn für seine jüngste aufwendige Entwicklungsarbeit einfahren wird, ist für Dirk Niestrat, Prokurist des mittelständischen Messing-Verarbeiters, nur noch eine Frage der Zeit.

Niestrat: »Wir haben schon jetzt eine steigende Nachfrage nach Schraubklemmen aus Ecobrass, einer völlig neuen bleifreien Messinglegierung. Und es ist absehbar, dass mittelfristig in der Elektroindustrie der Anteil der Hersteller, die noch Messingteile mit einem Bleianteil einsetzen, deutlich schrumpfen wird.«
Dass damit auch das mittelständische Bünder Traditionsunternehmen vor einem weiteren deutlichen Aufschwung steht, liegt für Niestrat auf der Hand: »Wir haben derzeit eine absolute Alleinstellung, sind weltweit das einzige Unternehmen, das die Zerspanung von Ecobrass beherrscht.«
Fast ein Jahr hat Hora an der Entwicklung dieser einzigartigen Technik gearbeitet. Die Anregung dazu kam von der Ulmer Unternehmensgruppe Wieland, einem der größten Messingproduzenten Europas und langjährigem Geschäftspartner der süddeutschen Leipold-Gruppe, zu der auch Hora gehört. Wieland hat Ecobrass - eine ausgewählte Kombination der Legierungselemente Kupfer, Zink und Silizium - entwickelt, da es für bleifreie Messinglegierungen einen bedeutenden Zukunftsmarkt gibt. »Allerdings«, sagt Dirk Niestrat, »war das neue Material wesentlich härter und so spröde, dass es im Zerspanungsprozeß regelmäßig zu Bruch ging.«
Eine knifflige Aufgabe, mit deren Lösung die Unternehmensgruppe Wieland das Hora-Werk beauftragte. »Wir gelten in der Branche als Innovationsmarktführer«, erklärt Niestrat und erinnert daran, dass Hora beispielsweise bereits im Jahr 2002 weltweit für Aufsehen sorgte, als dem Bünder Traditionsunternehmen die Entwicklung eines Verfahren gelang, das erstmals rechteckige Durchbrüche in Aluminium in hoher Qualität mit Hilfe eines Zerspanungsprozesses ermöglichte.
Die Entwicklung einer Technik zur Zerspanung von bleifreiem Messing war für die Hora-Entwicklungsabteilung zunächst mit vielen Fehlversuchen verbunden, bis schließlich ein prozesssicheres Verfahren entwickelt war. Die Entwicklung zur Zerspanbarkeit des neuen Werkstoffes umfasste sowohl Eingriffe in die Maschinenkonzepte wie auch in die Beschaffenheit der Werkzeuge. So entstand ein Verfahren, das viele neue technische Möglichkeiten eröffnet.
»Die neue Zerspanungstechnik für das bleifreie Messing ermöglicht beispielsweise bei Schraubklemmen gut 25 Prozent höhere Drehmomente als bisher zugelassen waren. Dadurch können wir viel kleinere, aber hochfeste Bauteile fertigen. Wo früher bei den Schraubklemmen von einem bestimmten Zeitpunkt an die Klemme brach, bricht jetzt vorher die Schraube«, erläutert Niestrat. Das bedeutet, dass mit Ecobrass viele Teile künftig mit geringeren Wandstärken oder Gewindegrößen realisiert werden können; einer weiteren Miniaturisierung und damit Materialeinsparung steht damit nichts im Wege.
Dass diese Erfolge für den Mittelständler, der seit vielen Jahren kontinuierlich schwarze Zahlen schreibt, kein Ruhekissen darstellen, weiß der Prokurist des 75 Mitarbeiter starken Unternehmens nur zu genau: »Die Entwicklungs-Zyklen werden sich in Zukunft weiter verkürzen. Durch unsere Mutter, die Leipold-Gruppe, haben wir zwar den Vorteil, auf zusätzliches Know-how aus den drei deutschen Standorten beziehungsweise den Schwesterunternehmen in Großbritannien und USA zurückgreifen zu können.« Im Wettbewerb mit den Großen der Branche, den Global Playern, aber sei das Unternehmen darauf angewiesen, auch in Zukunft technisch immer einen Schritt weiter zu sein als die Mitbewerber. »Das war in der Vergangenheit das Erfolgskonzept von Hora und wird es auch in Zukunft sein.«

Artikel vom 29.01.2005