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Ohne Sorge zum Fest der Verbündeten

Neujahrskonzert mit Justus Frantz

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Musik als Leidenschaft und Musik als Botschaft für ein friedliches Zusammenleben der Menschen steht für eine Haltung, die untrennbar mit Justus Frantz und der von ihm gegründeten Philharmonie der Nationen verbunden ist. Beim gut besuchten Neujahrskonzert in der Oetkerhalle trafen kulturelle Vision und musikalisches Sendungsbewusstsein des engagierten Orchesterchefs auf die dankbaren Ohren einer treuen Fangemeinde.

Das Orchester, in dem junge talentierte Musiker aus 40 Nationen an einem Klangbild arbeiten, ist längst zum Friedenssymbol und Hoffnungsträger schlechthin geworden. »Menschen aus befeindeten Nationen sind im Orchester vereint und miteinander befreundet«, wird Pultstar Frantz nicht müde, zu Beginn eines jeden Konzerts zu betonen. Musik verbindet, sie macht Menschen zu Freunden und Verbündeten -Ê zumindest im Mikrokosmos Konzertbetrieb scheint das Konzept aufzugehen.
Indes, die Vergegenwärtigung des zeit- und grenzenlosen Kulturgutes Musik braucht nicht nur Begeisterung und Liebe, sondern auch Eliten, die sich in dem Orchester zweifelsohne vereint sehen. Da wurde mit solcher Präzisionslust und Klangsinnlichkeit aufgespielt, dass man über die unglückliche Programmzusammenstellung aus Wiener Neujahrskonzert und tiefgründig russischer Spätromantik hinwegsehen konnte.
Eingerahmt von schwungvoll servierten Johann-Strauß-Klassikern punktete das Reiseorchester mit Sergej Rachmaninows großformatiger zweiter Sinfonie e-Moll, die als Abgesang auf die kompositorischen Ideale des 19. Jahrhunderts dunkle Schönheit und ehrliche Melancholie in Klang setzt.
Und es ehrt die Ausführenden, wenn hier lyrische Einfälle, Abspaltungen, Verdichtungen und Verkettungen des großen Aufbaus ohne emotionalen Stillstand, stets spannungsvoll, fesselnd und ungemein pulsierend zu Gehör gebracht wurden. Justus Frantz lässt die Partitur detailliert ausleuchten, er balanciert und steigert sehr organisch. Im gefühlvoll differenzierten Dirigat ist sicher gestellt, dass schwelgerisch strömende Themen niemals in süßliche Sentimentalität abgleiten oder satte sinfonische Steigerungen wie im Finale nicht in einem einzigen Klangbombast untergehen. Die nuancierte, bewegliche Spielkultur der Streicher hat Seltenheitswert, die Pianissimo-Eleganz der Holzbläser ebenfalls und um die Intonationsreinheit und Flexibilität der Blechbläser muss man dieses Orchester einfach beneiden.
Hoch geschätzte Eigenschaften allesamt, die auch dem walzerseligen Programmteil eine Note von Erhabenheit verliehen. Geschmackvoll, stets mit gezügeltem Drive und pointierter Gestaltung ließ Justus Frantz aufspielen -Êvom »Kaiser Franz-Josef I. Rettungsjubelmarsch« über »Frühlingsstimmenwalzer« und »Ohne-Sorge-Polka« bis hin zum »Radetzky-Marsch«. Das Publikum dankte enthusiastisch.

Artikel vom 17.01.2005