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Annäherung aus der Distanz

Galerie Jesse präsentiert eine neue Generation von Künstlern

Von Uta Jostwerner (Text)
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Ein Ortswechsel ist immer auch ein guter Grund, inhaltlich die Weichen neu zu stellen. Dementsprechend hat die Galerie Jesse nach ihrem Umzug eine Wende in Richtung Verjüngung des Ausstellungsprogramms vollzogen. Zehn Künstler, die für den Generationenwechsel stehen und neu ins Galerienprogramm aufgenommen wurden, zeigen derzeit ihre Werke bei Jesse.

Einer von ihnen ist Manfred Mahsberg aus Jülich. Der 41-Jährige malt Gesichter von identifizierbaren Personen, wie sie beim Durchblättern einschlägiger Lexika immer wieder ins Auge fallen. »Ich zitiere die Vorlagen, die schon durch andere Künstlerhände gegangen sind«, sagt Mahsberg, der seine kleinformatigen Porträt-Zitate auf mit Nessel kaschierte Holzquadrate pinselt.
Aus einer enzyklopädischen Ikonensammlung schöpft Mahlsberg das Potenzial zu seiner eigenen Arbeit, die bei der Bekanntheit und Vertrautheit ansetzt, diese aber neu deutet und zum Teil verfremdet und infrage stellt. Mahsbergs Bilder sind zwar Miniaturen im Taschenformat, aber nicht zum Mit-sich-Tragen gedacht. Vielmehr leisten sie eine besondere Verdichtung von Malerei und Darstellung, die sich im Gegensatz zu den miniaturhaften Abbildungen früherer Jahrhunderte eher in der Distanz als in der Nähe konkretisiert. In seiner pastosen und impressiven Darstellungsform vermitteln seine kleinen Abbildungen von berühmten und weniger berühmten Persönlichkeiten erst aus der Distanz heraus jene konkrete Erinnerung, die in der Annäherung und im analytisch präzisen Blick wieder zu verschwinden droht.
Menschen, die wir zu kennen scheinen, finden sich auch in den in Holz geschnitzten Figuren von Klaus Dobrunz wieder. Werke aus der Gruppe «Bahnhof von Ottbergen« sind aktuell bei Jesse zu bewundern.
Land und Kopf verbindet der Maler Harry Meyer in seiner pastosen, kraftvollen Ölmalerei. Dem Pinselduktus des Künstlers liegt die Urwüchsigkeit von Naturgewalten zugrunde. Immer wieder sind es Berge, die der Maler als Symbol für Alter und Beständigkeit wählt und in kontrastvoller Farbigkeit auf die Leinwand türmt. Der Mensch in seiner Verankerung in der Erde und zugleich die Nähe zum Himmel als Verbindung zwischen den Welten sind Aspekte, die in den Gemälden des in Augsburg lebenden Künstlers unterschwellig mitschwingen.
Besonders am Herzen liegt Galerist Jürgen Jesse der Künstler Christofer Kochs, der durch Übermalungen auf alten Verträgen und Dokumenten schattenhafte Zeichnungen hinterlässt.
Daneben zeigt Jesse Skulpturen aus Holz und Stahl von Kaja von Lübtow, Zeichnungen und Bildergeschichten von Heike Pillemann, Bleistiftzeichnungen von Harald Gratz, Malerei von Luca Vittorini, Bronze- und Farbholzfiguren von Terence Carr, aus Blech geschweißte Skulpturen von Jörg Bach und Bilder sowie ein Diptychon von Jörgen Habedank.
Die Ausstellung ist bis zum 12. Februar in der Galerie Jesse, Siekerwall 14a, zu sehen. Dienstags bis freitags von 10 bis 12 Uhr und 15 bis 18.30 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr.

Artikel vom 18.01.2005