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Moshammers Mörder: Statt Reue zeigt er nur Selbstmitleid

Täter beneidete sein wohlhabendes Opfer - Daisy bleibt beim Chauffeur

München (dpa). Es ging alles sehr schnell. Gegen 18 Uhr spuckte ein Polizeicomputer am Samstag den Namen des Tatverdächtigen aus. Vier Stunden später wurde der Iraker Herisch A. (25) als mutmaßlicher Mörder Rudolph Moshammers festgenommen. Oberstaatsanwalt Peter Boie wertet die Tat als Mord. Sie sei heimtückisch und aus Habgier begangen worden. Rudolph Moshammer und seine Daisy: Sie hat am Wochenende bei Moshammers Chauffeur ein neues Zuhause gefunden.

Als Herisch A. in seine Wohnung zurückkam, lag längst ein Spezialeinsatzkommando der Polizei auf der Lauer und griff zu. Vor der Festnahme des Irakers mussten die Einsatzkräfte erst einmal genau hinschauen. Denn der Gesuchte hat sich die dichten schwarzen Haare abgeschoren. Offenbar wollte er eine mögliche Identifikation durch Zeugen so verhindern. Gut drei Stunden später legte der Mann ein Geständnis ab.
Die Polizei ist stolz, dass sie nicht einmal 48 Stunden nach dem Mord an dem Münchner Modemacher den Täter gefasst hat. Er wurde durch einen DNA-Abgleich mit Tatortspuren identifiziert.
Zuvor hatte die »Sonderkommission« Tag und Nacht die 200 Tatortspuren und 500 Hinweise aus der Bevölkerung ausgewertet. Eine DNA-Spur an dem Elektrokabel, mit dem Moshammer erdrosselt worden war, stimmte mit der DNA des Tatverdächtigen überein. Dessen DNA-Code war aus einem früheren Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung einer Frau in der DNA-Bank des Bundeskriminalamts gespeichert. Das Verfahren wurde im vergangenen Jahr mangels Beweises eingestellt, doch der Iraker hatte im Zuge der Ermittlungen freiwillig eine Speichelprobe abgegeben - und deren Daten waren noch nicht wieder gelöscht.
»Wäre uns dieser Zufall nicht zugute gekommen, wäre die Aufklärung nicht so schnell erfolgt«, sagt Oberstaatsanwalt Peter Boie. Und die Ermittler nehmen dies zum Anlass, für einen Ausbau der rechtlichen Möglichkeit für DNA-Proben zu werben. »Die Zweifler müssen jetzt zurückstehen«, sagt der Chef der Sonderkommission, Harald Pickert.
Ins Polizeipräsidium gebracht, leugnete der 25-Jährige zunächst hartnäckig die Tat. Doch dann gab er auf: Moshammer habe am Donnerstagabend mit seinem Rolls Royce kurz vor Mitternacht am Münchner Hauptbahnhof angehalten, das Fenster hinuntergelassen und ihn angesprochen, sagte der 25-Jährige. Moshammer habe ihm 2000 Euro für sexuelle Handlungen angeboten. Da sei er zu ihm in den Wagen gestiegen und mit nach Grünwald gefahren.
Doch dann gab es Streit. Moshammer habe ihm nach dem Sex den vereinbarten Liebeslohn nicht zahlen wollen, sondern gedroht, ihn hinauszuwerfen und die Polizei zu rufen. Da packte der junge Mann ein Elektrokabel, schlang es seinem Opfer um den Hals und erdrosselte den 64-Jährigen. »Das muss alles blitzschnell geschehen sein«, sagt Pickert. »Herr Moshammer hatte keine Chance.« Der Täter habe kein Geld bei Moshammer gefunden und sei dann nach eigenen Angaben panikartig geflohen, berichtete der Beamte
Soko-Chef Pickert verneinte die Frage, ob der Tatverdächtige in seiner Vernehmung Reue gezeigt habe. »Der Mann äußert vielmehr ständiges Selbstmitleid, dass er so wenig Geld hat und es anderen Menschen mit teuren Autos und Wohnungen so gut geht.« Der Tatverdächtige, der als Koch in München gearbeitet hat, betonte gegenüber der Polizei, dass er kein Prostituierter sei. Er habe aber finanzielle Probleme und erhebliche Schulden. Der Iraker kam 2001 nach Deutschland,. Er hatte einen Asylantrag gestellt und besitzt eine Aufenthaltserlaubnis.
Unterdessen hat die Sorge um Rudolph Moshammers Hündchen Daisy viele Menschen beschäftigt. Die Münchner Polizei teilte gestern mit, dass sich Hunderte Tierfreunde aus ganz Deutschland gemeldet hätten, die den elfjährigen Yorkshirer-Terrier adoptieren wollten. Daisy sei allerdings bei Moshammers Chauffeur untergekommen, der den Hund behalte. Daisy und ihr neues Herrchen kennen sich seit Jahren und sind eng miteinander vertraut.

Artikel vom 17.01.2005