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Zeitarbeit gewinnt an Profil

Branche blickt mit Zuversicht in die Zukunft - Steigender Stellenwert

Bielefeld (WB). Mit überraschend starken Halbjahreszahlen konnte die Zeitarbeitsbranche zum Stichtag 30. Juni 2004 ihren Stellenwert im gesamtwirtschaftlichen Umfeld unterstreichen. Die Zahl der sozialversicherunspflichtig beschäftigten Zeitarbeitnehmer erreichte laut Angaben des Bundesverbandes Zeitarbeit (BZA) im abgelaufenen Jahr 2004 eine neue Höchstmarke. Die Branche blickt somit mit Zuversicht in die Zukunft.

Die Bundesagentur für Arbeit beziffert die Zahl der Zeitarbeitnehmer zum Halbjahreswechsel (Ende Juni 2004) mit 374 000. So konnten 47 000 Mitarbeiter mehr als im Vorjahreszeitraum beschäftigt werden, was einem Beschäftigungsimpuls von plus 14,4 Prozent entspricht. Zudem waren zur selben Zeit knapp 26 000 Mitarbeiter in den Personal-Service-Agenturen (PSA) beschäftigt. Der seit 2001 andauernde Negativtrend erscheint mit nunmehr 1,5-prozentigem Beschäftigungsanteil gestoppt und dokumentiert das enorme Potenzial der Zeitarbeitsbranche in Deutschland.
Im europäischen Vergleich belegt Deutschland aber nach wie vor nur einen der hinteren Ränge. Unsere EU-Nachbarn (Großbritannien, Belgien, Niederlande) können mit deutlich höheren Zeitarbeitsquoten aufwarten. Die Niederlande gelten im Europa-Ranking seit Jahren als Vorbild: Insgesamt beschäftigen niederländische Zeitarbeitsfirmen mehr als 700 000 Menschen ganztags oder in Teilzeit. Eine staatliche Subventionierung von Zeitarbeit gibt es im Land der Tulpen seit jeher nicht. Die Branche entwickelte sich eigenständig und trug seit den 80er Jahren bis Mitte der 90er Jahre nach Einschätzung des Arbeitsministeriums in Den Haag deutlich zur Senkung der ursprünglich hohen Arbeitslosigkeit bei.
Seit Januar 2004 sind die Zeitarbeitsunternehmen verpflichtet, ihre Mitarbeiter entweder zu gleichen Löhnen (equal pay) und zu gleichen Bedingungen (equal treatment) wie die Stammbelegschaft des entleihenden Unternehmens zu beschäftigen oder selbst einen Tarifvertrag abzuschließen. Diese gesetzliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht am 5. Januar 2005 nochmals bestätigt.
Diese gesetzlichen Vorgaben führen am Markt zu deutlich verbesserter Akzeptanz gegenüber den Marktteilnehmern. Die Etablierung der Branchentarifverträge in der Zeitarbeit sorgt insbesondere bei Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten für ein Umdenken. »Die Barrieren, die Zeitarbeit als festen Bestandteil der betrieblichen Personalstandsplanung zu verankern, sind heute nicht mehr so groß«, betont Reinhard Habig, Inhaber und Geschäftsführer der AL-Zeitarbeit, Bielefeld. Gleichzeitig führten die flächendeckenden Tarifverträge für den einzelnen Zeitarbeitnehmer zu einer Festigung seiner sozialen Absicherung und zur Anerkennung als »normaler« Arbeitnehmer.
Es seien aber auch negative Effekte zu beklagen: So würden Mitarbeiter von Personal-Service-Agenturen von der Bundesagentur für Arbeit subventioniert und zu extrem niedrigen Verrechnungssätzen überlassen. »Dieser staatliche Eingriff führt zu einer deutlichen Verzerrung der Marktkräfte«, so Reinhard Habig.
Bei einem von den führenden Wirtschaftsinstituten prognostizierten Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 bis 1,8 Prozent sei mit anhaltender, aber moderater Nachfrage nach Zeitarbeitnehmern zu rechnen. »Für die AL-Zeitarbeit rechnen wir für 2005 mit einem weiteren Zuwachs bei den Beschäftigten und einer Umsatzsteigerung von mehr als zehn Prozent«, so Reinhard Habig für sein Unternehmen und für Ostwestfalen-Lippe insgesamt.

Artikel vom 22.01.2005