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Kinder leiden
größte Not

Verwandte nehmen Waisen auf

Berlin (AP). Knapp drei Wochen nach der Flutkatastrophe in Südasien hat das Leid der überlebenden Kinder noch kein Ende. Allein in Sri Lanka lebten zehntausende in Notunterkünften, von Seuchen bedroht, berichtete UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen nach einem Besuch von Hilfsprojekten an der Ostküste bei Trincomalee.

Viele Kinder hätten als einzige ihrer Familie überlebt und litten sehr unter dem Schock, mitansehen zu müssen, wie Eltern oder Geschwister vom Wasser davongerissen wurden. Wie schlimm die Kinder traumatisiert sind, wird nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks erst allmählich sichtbar.
Die Organisation unterstützt die Registrierung der Jungen und Mädchen, die ihre Eltern verloren haben, richtet in den Auffanglagern Anlaufstellen für sie ein, hilft bei der Suche nach Angehörigen und bildet Helfer für psychologischen Beistand aus. Fälle von Kindesmissbrauch seien UNICEF nicht bekannt, betonte Christiansen. Wichtig sei, keine reinen Kinderlager einzurichten sondern Familienunterkünfte, wo allein stehende Kinder Schutz fänden und auf sie aufgepasst werde.
Gut gemeinten Angeboten, Waisen zu adoptieren, steht UNICEF skeptisch gegenüber. Traumatisierte Kinder in eine völlig fremde Welt zu verpflanzen, wäre problematisch und würde kaum helfen, gab Christiansen zu bedenken. Stattdessen lege man Wert darauf, sie im Familienkreis in der Heimat unterzubringen, wo sie ihre Freunde und ihre gewohnte Umgebung vorfänden. »Die Familienzusammenführung läuft auf vollen Touren«, berichtete Christiansen. Die Suche sei mühsam, aber es gebe große Erfolge. Vollwaisen kämen bei Verwandten unter. So nähmen Familien, die eigene Kinder verloren hätten, etwa die elternlos gewordene Nichte auf.
Als großen Erfolg der Soforthilfe wertete UNICEF, dass auf Sri Lanka bisher kein Kind an Seuchen oder Krankheiten wie Masern gestorben ist. »Die Katastrophe nach der Katastrophe ist verhindert worden«, sagte der Geschäftsführer von UNICEF Deutschland, Dieter Garlichs. Dank der überwältigenden Spendenbereitschaft habe die Organisation schnell eingreifen und große Wirkung erzielen können.
Mit Stand vom Donnerstag verzeichnete UNICEF Deutschland 58 Millionen Euro an Spenden. Davon wurden bereits 30 Millionen als Nothilfe in die Katastrophenregionen überwiesen. Jetzt gehe es um Wasserversorgung, Ernährung und Impfungen. Gerade in Sri Lanka seien viele Kinder schon vorher schwer mangelernährt gewesen und hätten der Situation nun nichts entgegenzusetzen.
Nach der ersten Nothilfe werde der Wiederaufbau angegangen. So hilft UNICEF, Schulen wieder zu öffnen, um den Kindern Orientierung und einen geregelten Tagesablauf zu schaffen.

Artikel vom 15.01.2005