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Im Reich der Ölscheichs

Arminias U16-Nationalspieler Altan Arslan im DFB-Wintertrainingslager

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Keine Fata Morgana: Die Wasserhähne in den Hotelsuiten waren tatsächlich vergoldet. »Der Fußboden hat geglitzert, als ob er mit Diamanten besetzt wäre«, staunte Arminias Altan Arslan (15), der am Persischen Golf ein modernes Märchen aus 1001 Nacht lebte: Die zehn Tage mit der U16-Nationalmannschaft im DFB-Wintertrainingslager im Scheichtum Katar waren für Arslan »der Hammer. Ein Traum. Mein bisher schönstes Erlebnis.«

Luxus pur: Wenn Altan Arslan im elfstöckigen Fünf-Sterne-Hotel »Marriott« aus seinem Fenster blickte, sah er unter sich einen gepflegten Palmengarten, Tennisplätze, Motoryachten und natürlich das in der Sonne glitzernde Meer. »So blaues Wasser habe ich noch nie gesehen«, staunte der Brackweder, »und dieser weiche Sand dazu; einfach unglaublich«.
Bei U16-Bundestrainer Bernd Stöber (52) hat der kleine Bielefelder längst einen Stein im Brett. Dessen Einzelkritik: »Der Altan ist ein Spielertyp, wie wir ihn uns wünschen. Ein absoluter Individualist, technisch unheimlich versiert. Der Junge hat immer Ideen für eine Spielsituation. Er hat genau das, was wir in Deutschland suchen. Ich schätze ihn im Augenblick sehr hoch ein. Er muss bloß körperlich dazulegen, da weist er noch Defizite auf«.
Täglich zwei Trainingseinheiten und dazu noch Vergleichsspiele gegen den 88-er Jahrgang des DFB (1:7, 4:3) - das sportliche Programm hatte es in sich. Bis auf die hohe Luftfeuchtigkeit waren die Voraussetzungen bei in der Regel 25 Grad Celsius nahezu ideal. Zur Verfügung standen ein Trainingsgelände außerhalb der Hauptstadt Doha sowie eine mitten in der Wüste errichtete Akademie mit acht Rasenplätzen, einem Kunstrasenplatz und einer dreigeschossigen Sporthalle.
Einem Abkommen zwischen dem DFB und dem Fußballverband Katars zufolge, kostete die Deutschen der Aufenthalt bis auf den Flug nichts. Einmal im Jahr können sie mit mehreren Auswahlteams in die Hauptstadt an der Ostküste reisen.
Die Schulaufsicht wird's gerne hören: Zum DFB-Tross gehörten mehrere Lehrer, die die Jungs von U16 bis U19 täglich unterrichteten. So war der Realschüler für seine Mathearbeit, die er am Donnerstag schrieb, gut gewappnet. Ihre Freizeit verbrachten Arslan und seine Kameraden ansonsten mit Vorliebe im Swimmingpool, im Whirlpool oder am künstlichen Sandstrand. »Wir haben jeden Mittag im Meer gebadet«. Etliche Rial gab der Almbube im Hightech-Einkaufszentrum für Klamotten oder Schuhe aus, »die waren da voll billig«. Gekickt wurde auch noch am Bildschirm; Fußball via Play Station 2 (ISS Pro Evolution 4) realistisch simuliert. In Turnieren offenbarte Altan Arslan hier ebenfalls seine Siegermentalität.
Hauptattraktion des Rahmenprogramms war eine Landrovertour durch die Welt der großen Wanderdünen. »Das hatte einen Hauch von der Dakar-Rallye, wenn wir die weißen Wände rauf- und runtergebrettert sind«, berichtet Arslan von einem abenteuerlichen Trip. »Zum Glück saß ich vorne im Jeep. Hinten ist einigen schlecht geworden«.
Sechs Stunden Flug: Qatar Airways brachte Arslan und Co. zurück in eine andere Welt. Eine Zugfahrt 1. Klasse von Frankfurt an den Teuto beschloss ein exotisches Aha-Erlebnis. Ende Februar treffen sich die Katar-Fahrer wieder. Am 9. März steht in Berlin ein Länderspiel gegen die Schweiz an - natürlich mit Altan Arslan !
Ein Typ wie Skela: Obwohl die halbe Bundesliga ihn inzwischen jagt, bekräftigt Arslan nochmals seine Vereinstreue. »Ich möchte hier in Bielefeld berühmt werden und Geschichte schreiben. Ich will der erste Arminia-Profi werden, der von der F-Jugend an alle Jugendteams des DSC durchlaufen hat,« sagt er trocken wie die arabische Wüste und möchte seinen DSC-Gefährten mit kreativ-offensiv-Klasseleistungen bestätigen, dass er zurecht zum Kreis der DFB-Elite gehört. »Die Zeit in Katar war gut für meine Moral, für mein Selbstvertrauen. Ich habe jetzt so richtig Lust«.
U17-Trainer Mark-Oliver Stricker hofft auf eine positive Sogwirkung. »Schließlich hat jeder Mitspieler seinen kleinen Anteil an Altans DFB-Karriere.«

Artikel vom 15.01.2005