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Von Michael Schläger

Bielefelder Optik

Nichts passiert


Die ersten hundert Tage gelten stets auch als erste Bewährungsprobe eines neuen Parlaments oder einer Regierung. Sind sie arbeitsfähig? Welche Impulse vermögen sie zu geben? Für den Bielefelder Rat sind die ersten hundert Tage abgelaufen, und die Auftaktbilanz der Wahlperiode fällt eher ernüchternd aus. Wirklich passiert ist eigentlich nichts.
Neue Ideen, kontroverse Debatten - Fehlanzeige. Klare Mehrheiten gibt es nicht, auch kein rechtes Interesse, welche zu schmieden. Die CDU hat bei der Wahl am 26. September zwar Federn gelassen, ist aber stärkste Fraktion geblieben. Sie hält sich bedeckt. SPD und Grüne haben im Rat eine gemeinsame Plattform gebildet. Doch die diente zunächst nur dazu, den eigenen Einfluss in städtischen Gesellschaften und Aufsichtsräten zu stärken und ein paar zusätzliche Pöstchen zu ergattern (siehe Stadtwerke).
Die Bürgergemeinschaft musste ihren Standort erst neu definieren, die »Kleinen« FDP, PDS und Bürgernähe ringen um ihre Arbeitsfähigkeit. Dabei wären doch zumindest von einem Ratsneuling wie der Bürgernähe, die frischen Wind ins Rathaus bringen will, ein paar kesse Nachfragen zu erwarten gewesen. Schließlich kann sie doch ganz unbefangen ans Werk gehen.
Wenn eine Diskussion wie die um das Altstadtpflaster das beherrschende Thema im Herbst und Winter ist, dann muss es schon traurig um die Seelenlage der Kommunalpolitik bestellt sein. Dabei gibt es doch reichlich zu tun. Die desolate Haushaltslage zum Beispiel scheint inzwischen als gegeben hingenommen zu werden. Wie steht es um die Eigeninitiative, um aus der finanziellen Sackgasse herauszukommen? Welche Anregungen kann die Rathauspolitik geben, um die vorsichtig sprießenden Konjunkturpflänzchen vor Ort zu befördern? Mit der Fortsetzung bewährtere Programme wie der Schulbausanierung ist es allein nicht getan.
Doch wir Bürger werden uns wohl damit abfinden müssen, dass der Stillstand noch eine Weile anhält. Die Politik rüstet zum nächsten Wahlgang. Die Landtagswahl steht vor der Tür. Und da kann man kontroverse Debatten, auch lagerübergreifende Initiativen zum Wohle der Stadt offenbar nicht gebrauchen. Schade eigentlich.

Artikel vom 15.01.2005