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»Die Zukunft hat schon begonnen« lautet der Titel der Vortragsveranstaltung, die Susanne Tatje gemeinsam mit der Volkshochschule in Bielefeld jetzt ins Leben gerufen hat. »Nach dem Kongress im November wollen wir das Thema weiter bearbeiten und interessierten Menschen in Bielefeld die Möglichkeit geben, sich darüber zu informieren und sich an der Diskussion zu beteiligen«, erklärt Susanne Tatje.
Denn der Anteil der älteren Menschen in Bielefeld wird in den kommenden Jahrzehnten deutlich ansteigen - mit noch unübersehbaren Auswirkungen, wie die Demographie-Beauftragte betont. »Die Tatsache, dass es mehr ältere Bürger geben wird, hat Folgen für fast alle Bereiche der Gesellschaft, für den Arbeitsmarkt, die Stadtplanung, die sozialen Bereiche, die Verkehrsinfrastruktur, die Einkaufsmöglichkeiten und vieles andere«, macht sie deutlich. Und die Lebenserwartung steigt. »Laut Professor Herwig Birg wird jedes zweite der heute geborenen Mädchen durchschnittlich 102 Jahre alt.«
Bereits heute gibt es Stadtteile in Bielefeld, in denen überwiegend ältere Menschen leben. Dann treten, so Susanne Tatje, auch ganz praktische Fragen auf. »Müssen Bürgersteige abgesenkt werden, damit die Senioren sie problemlos benützen können, welche Geschäfte gibt es direkt vor Ort, wenn die Menschen zum Einkaufen nicht mehr weit fahren können, wie muss der öffentliche Nahverkehr geplant werden, dass er den Bedürfnissen entspricht«, zählt die Diplom-Soziologin nur einige davon auf.
Vergessen werden dürfe darüber hinaus jedoch nicht, dass die Senioren immer aktiver würden und sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen wollen, ob bei Bildungsangeboten, in Vereinen oder im Ehrenamt.
Und außer acht gelassen werden dürfe bei der Diskussion über den demographischen Wandel keinesfalls, dass auch die jungen Menschen davon betroffen sind. »Meist dreht sich bei diesem Thema alles um die älteren Menschen. Aber welche Folgen hat die Entwicklung für Kinder und Jugendliche? Wie müssen wir im Schulbereich darauf reagieren, wenn es weniger Kinder gibt, wir aber qualifizierten Nachwuchs auch auf dem Arbeitsmarkt brauchen?«, fragt Susanne Tatje.
Um diese und andere Fragen, die der demographische Wandel aufwirft, zu beantworten, hat sie eine Projektgruppe ins Leben gerufen, die in den kommenden Monaten den Stadtbezirk Mitte daraufhin unter die Lupe nehmen will. Beteiligt sind daran Vertreter aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen, unter anderem von den Wohnungsgesellschaft, der Verwaltung, der Wirtschaftsförderung und Jugendhilfeträgern. »Denn nur wenn alle Bereiche daran mitarbeiten, können wir auch etwas erreichen«, sagt Susanne Tatje.
Der Wille, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sei bei den allermeisten in Bielefeld vorhanden, ist sie überzeugt. Welche Bedeutung ihm Oberbürgermeister Eberhard David beimessen, zeige auch, dass die Stelle der Demographie-Beauftragten eingerichtet worden sei. Dabei sei Bielefeld bislang noch weniger betroffen als etwa Städte in den neuen Bundesländern oder im Ruhrgebiet. Dort etwa wandele sich die Bevölkerungstruktur auch durch den steigenden Anteil von Migranten. »Die Integration dieser Menschen, vor allem die qualifizierte Ausbildung deren Kinder, wird ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.«
Entscheidend sei, dass der demographische Wandel nicht als »Horror-Szenario« begriffen werde. Susanne Tatje: »Wenn sich alle daran beteiligen und einen Konsens finden, können wir die Entwicklung aktiv gestalten.« Der Auftakt der Vortragsreihe ist am Donnerstag, 20. Januar, um 22 Uhr in der Volkshochschule, Ravensberger Spinnerei. Gast ist dann die Journalistin und Buchautorin Elisabeth Niejahr. Weitere Termine sind am 17. März und 28. April.

Artikel vom 15.01.2005