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Stets ein offenes Ohr für andere

Willi Oevermann ist vielfach ehrenamtlich aktiv - Träger des Bundesverdienstkreuzes

Von Andrea Berning
Hüllhorst (WB). Willi Oevermann kennt fast jeden in seinem Heimatort, und jeder kennt ihn. In (nahezu) allen Vereinen ist er Mitglied, setzt sich seit mehreren Jahrzehnten im Hüllhorster Gemeinderat (und seit fünf Jahren als Ortsvorsteher) für seine Mitbürger ein und hilft unbürokratisch, wo Hilfe gebraucht wird.

Zum Beispiel unterstützt er die Feuerwehr beim Bau des neuen Gerätehauses - und feiert gern mit allen, die ihn kennen und mitfeiern mögen: in der »Tal-Station«, einem Festraum neben dem großen Bauernhof mit angeschlossener Direktvermarktung, den die Familie Oevermann im Hüllhorster Ortsteil Oberbauerschaft (Kreis Minden-Lübbecke) betreibt.
Ohne Willi Oevermann aber (und das ist wichtig für die Oberbauerschafter) gäbe es keinen Erntekönig beim jährlichen Heimat- und Erntefest. Seit mehr als 35 Jahren ist er der »Königsmacher« von Oberbauerschaft, der einzige im Ort, der weiß, wer nach der Ernte die Ähre mit den meisten Getreidekörnern abgegeben hat und der dieses Geheimnis auch bis zur Proklamation am Festsonntag im September wahrt.
Mit dem Shakespeare-Zitat »Die Hände brauchen wir, nicht die Zunge« wurde Oevermann bei der Bundesverdienstkreuzverleihung im vergangenen Jahr charakterisiert. Der ausgebildete Landwirt, der als jüngster Sohn (so ist es in Oberbauerschaft üblich) die Familientradition weiterführte, macht nicht viele Worte. Aber er hat immer ein offenes Ohr für die Nöte seiner Mitbürger und setzt sich dann verlässlich für ihre Interessen ein. Das brachte ihm bei der vergangenen Kommunalwahl, bei der er zum sechsten Mal seit 1979 für die CDU in den Gemeinderat einzog, ein geradezu »bayrisches« Wahlergebnis ein: Fast 65 Prozent der Stimmen holte er in seinem Wahlbezirk und wird weitere fünf Jahre Ortsvorsteher in Oberbauerschaft bleiben.
Auch wenn er mit seinem 65. Geburtstag am 3. März eventuell etwas kürzer tritt und den Hof dem Sohn übergibt: Im Ruhestand sieht sich Willi Oevermann eigentlich noch lange nicht, und er will noch einiges bewegen.
Gerade hat er eine hektische Zeit hinter sich, denn die Oevermanns machen seit einigen Jahren aus dem Weihnachtsbaumverkauf ein Erlebnis für den Kunden: Im großen Planwagen, den Willi Oevermann mit seinem Traktor zieht, geht es in die hofeigene Schonung. Dort kann jeder den schönsten Baum aussuchen, wenn gewünscht selbst schlagen und das Direktvermarktungserlebnis in der »Tal-Station« auf dem Hof mit Glühwein feiern.
Oevermann hat mit seinem Planwagen aber auch die Kinder aus der Tagesstätte »Zwergennest« von ihrer Einrichtung zum Krippenspiel auf einer alten Bauerndeele befördert - und das hat dem vierfachen Großvater viel Spaß gemacht.
Es unterstützt ihn seine Frau Helga, die als engagierte Landfrau und nach 15 Jahren als Presbyterin auch eine beeindruckende Karriere im Ehrenamt hinter sich hat. Unter dem historischen Torbogen mit der Jahreszahl 1790, der von einem Vorgängergebäude des heutigen Hofes Oevermann stammt und in den Wintergarten der beiden eingebaut wurde, sitzt das Ehepaar nicht allzu oft.
Ob Wegebau, Friedhofsunterhaltung und Entwässerung (seine Fachgebiete in der Kommunalpolitik) oder die Belange der Landwirtschaft (Oevermann war von 1978 bis 2003 Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes), der Oberbauerschafter kennt sich aus. Das gilt aber auch für ganz andere Themen: Engagiert ist er seit 1955 im Heimatverein Oberbauerschaft, wo er bei allen Baumaßnahmen auf der Freilichtbühne Kahle Wart mitwirkte. Zehn Jahre war er Vorstandsmitglied im Automobilclub »Zum Wiehen« Oberbauerschaft. Wie beim Gerätehaus der Feuerwehr half er auch dem Sportverein Blau-Weiß beim Ausbau des neuen Trainingsplatzes, und auch die Idee, den Hüllhorster Jugendtreff in der ehemaligen Pausenhalle der alten Volksschule einzurichten, stammt von ihm.
Warum ehrenamtliches Engagement? Was vielen Menschen heute schwerfällt, wo sie sich nur auf ihre eigene Familie, ihren eigenen Vorteil beschränken, darin sieht der freundliche Willi Oevermann selbst nichts Besonderes. Und auch die mehr als 30 Seniorengeburtstage, die er als Ortsvorsteher jedes Jahr besucht, sind für ihn keine Pflicht, sondern eine Freude und willkommene Gelegenheit, mit alten Menschen über vergangene Zeiten zu plaudern.

Artikel vom 29.01.2005