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Sechs Politiker auf Gehaltsliste

Volkswagen-Konzern streicht Richtlinie für Mandatsträger ersatzlos

Hannover (dpa). Der Volkswagen-Konzern hat Beschäftigten beim Wechsel in Parlamente jahrelang das volle Gehalt weitergezahlt, will dies jetzt aber ändern. Nach wachsendem politischen Druck bestätigte der Wolfsburger Autobauer gestern offiziell die seit 1990 gängige Praxis und gab die Namen von sechs SPD-Abgeordneten bekannt, die auf der VW-Gehaltsliste stehen oder gestanden haben.

Welche Arbeitsleistung sie genau dafür erbracht haben, ist zum Teil unklar.
Der VW-Vorstand wolle die Richtlinie zum Umgang mit Mandatsträgern in der kommenden Woche ersatzlos außer Kraft setzen, teilte Volkswagen mit. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüßte dies, nachdem er zuvor Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit von VW geäußert hatte.
Ein VW-Sprecher sagte gestern, künftig würden die Verträge von Mandatsträgern entweder unter Fortfall der Bezüge ruhend gestellt oder es werde ein klar spezifiziertes Arbeitsverhältnis vereinbart.
Bei den SPD-Parlamentariern, die von VW trotz ihrer politischen Ämter Gehalt bekommen haben, handelt es sich um die beiden Bundestagsmitglieder Jann-Peter Janssen und Hans-Jürgen Uhl, die niedersächsischen Landtagsabgeordneten Günter Lenz, Ingolf Viereck und Hans-Hermann Wendhausen sowie den bayerischen Landtagsabgeordneten Hans Joachim Werner.
Allerdings haben Jannsen, Viereck und Wendhausen ihre Beschäftigungsverhältnisse bei VW seit dem 1. Januar 2005 ruhen lassen und beziehen seitdem auch kein Geld mehr von dem Autobauer. Werner, der bei der Konzerntochter Audi beschäftigt war, bekommt schon seit dem 1. September 2001 kein Salär mehr, weil das Beschäftigungsverhältnis ruht. Aktuell bleiben damit nur der Betriebsratsvorsitzende in Hannover, Lenz, und der Wolfsburger Betriebsrat Uhl auf der Liste der trotz Mandats bezahlten Beschäftigten bei VW.
Janssen bestritt gestern jedoch, nach seinem Eintritt in den Bundestag 1994 weiter Gehalt von VW bekommen zu haben. »Anders lautende Meldungen sind falsch.« Er habe seine Arbeit als Betriebsratsvorsitzender im VW-Werk Emden 1994 unverzüglich abgegeben und unmittelbar nach Einzug in den Bundestag auch seinen Sitz im Aufsichtsrat niedergelegt.
VW teilte weiter mit, europaweit seien keine weiteren Mitarbeiter mit Mandaten auf regionaler, nationaler oder europäischer Ebene bekannt. Die Prüfung im Unternehmen habe aber ferner ergeben, dass europaweit 367 nicht freigestellte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf kommunaler Ebene ehrenamtlich tätig seien.
Bei den politischen Mandatsträgern entsprach es bisher den seit 1990 im Konzern bestehenden Richtlinien, dass sie Anspruch auf eine Fortzahlung ihrer Bezüge bei weitgehender Autonomie in ihrer Arbeitsgestaltung hatten. Diesen Grundsätzen liege keine Betriebsvereinbarung zu Grunde. Damit sollte die Unabhängigkeit der Abgeordneten gewahrt bleiben.
Zur Begründung hieß es in den Grundsätzen: »Das Unternehmen gewährt diese Leistungen in der Erwartung, dass die Mandatsträger während ihrer Mandatsdauer ihre Tätigkeit bei VW so weiterführen, dass bei Mandatsende eine reibungslose Reintegration in das Unternehmen gewährleistet ist.«
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Artikel vom 14.01.2005